Eine Gnadenfrist für Hagen Saberschinsky

■ Polizeipräsident soll ein Jahr länger im Amt bleiben, als es bislang geplant war

Polizeipräsident Hagen Saberschinsky wird möglicherweise ein Jahr länger als geplant Sheriff von Berlin sein. Eigentlich müßte der Berliner Polizeipräsident kommenden Oktober pünktlich zu seinem 60. Geburtstag in Pension gehen. Um die Frage seiner Nachfolge aus dem Wahlkampf herauszuhalten, wird ihm die Regierungskoalition aber vorschlagen, ein Jahr länger, also bis zum Oktober 2000, im Amt zu bleiben.

Offiziell haben sich SPD und CDU noch nicht geeinigt, aber Vertreter beider Parteien sprachen gestern gegenüber der taz von einem akzeptablen Kompromiß. Auch die Bündnisgrünen und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind dafür. Ob sich Saberschinsky darauf einläßt, war nicht in Erfahrung zu bringen, weil er zu dem Thema zur Zeit keine Stellungnahme abgibt. In den vergangenen Wochen hatte er keinen Hehl daraus gemacht, daß er erst mit 65 in den Ruhestand gehen möchte.

Vor wenigen Monaten hatte der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, noch vollmundig erklärt: „Wir werden keiner Regelung zustimmen, die es Saberschinsky ermöglicht, länger als bis zum Oktober 1999 im Amt zu bleiben.“ Lorenz ist ein ausgewiesener Kritiker des Polizeipräsidenten, den er für einen „heillos überforderten Bürokraten“ hält. Den Sinneswandel, die Amtszeit nun doch zu verlängern, begründete seine Parteigenossin Heidemarie Fischer gestern damit: „Es ist nicht davon auszugehen, daß sich SPD und CDU bis zum Oktober auf einen Nachfolger einigen werden“. Deshalb sei es besser, die Amtszeit Saberschinskys zu verlängern, „um in Ruhe einen geeigneten Kandidaten finden zu können“. Eine „Lex Saberschinsky“ werde es mit der SPD aber nicht geben, versicherte Fischer.

Mit „Lex Saberschinsky“ ist gemeint, daß Saberschinsky bei seinem Amtsantritt vor sieben Jahren darauf gedrungen hatte, wie gemeine „Vollzugsbeamte“ mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres aus dem Dienst scheiden zu können. Die polizeiliche Laufbahnverordnung war deshalb eigens geändert worden. Zuvor war ein Polizeipräsident ein Verwaltungsbeamter, der erst mit 65 Jahren die Altersgrenze erreicht hatte. Die Verordnung nun wieder eigens für Saberschinsky zu ändern, sehen auch die Bündnisgrünen und die GdP nicht ein . „Es darf keine Extrawurst geben“, meint der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland. Von einer befristeten Amtszeitverlängerung erhofft er sich, daß der neue Polizeipräsident im Jahr 2000 von einer rot-grünen Regierung bestimmt werden kann. „Besser ein Jahr warten, als einen von Werthebach ausgesuchten Polizeipräsidenten vorgesetzt zu bekommen.“ Was die Ära nach Saberschinsky angeht, ist Wieland allerdings vehement für eine Änderung des Landesbeamtengesetzes. Sein Vorschlag: Der gesamte hohe Dienst bei der Polizei – einschließlich des Polizeipräsidenten – soll erst mit 65 berentet werden.

Wenn es nach der CDU ginge, könnte Saberschinsky weitermachen, bis er 65 ist. Aber für ein und dieselbe Person mehrmals die Laufbahnverordnung zu ändern, sehen selbst die Christdemokraten nicht ein. „Das wäre kein guter Stil“, meint der CDU-Innenpolitiker Rüdiger Jakesch. Daß die SPD die Amtszeit nun um ein Jahr verlängern wolle, sei ein Kompromiß, der zudem gar nicht neu sei. „Das haben wir den Sozialdemokraten schon vor einem Jahr vorgeschlagen“. Plutonia Plarre