Surfen im Mittelalter

■  Wie Sat.1 die Geschichte von Tristan und Isolde mit Strandjunge Ralf Bauer und Weißhaar Joachim Fuchsberger programmgemäß kleinkriegt (Teil 1: Donnerstag, 20.15 Uhr, Sat.1)

Großes Fernsehen versprechen die Sender allfeiertäglich ihren Zuschauern. Gern stöbern sie in den Lexika literarischer Motive und finden dort die Topoi, die sie zu monumentalen Mehrteilern verarbeiten können. Je klassischer das Thema, desto besser. Meist aber gehen solche Vorhaben in die Hose:Was wirklich in den Stoffen steckt, bleibt auf der Strecke. Das hat Meister Leo Kirch selbst mit seinen festtags im Ersten ausgestrahlten Bibelschmonzetten erfahren müssen, wo die Handlung mit viel tönendem TV-Tand nur illustriert wird.

Auch die mittelalterliche Dichtung um Tristan und Isolde bietet sich an, mit großem Aufwand verfilmt zu werden. Schade, daß Kirchs Taurus Film, die auch dieses Werk u.a. mit Berlusconis Firmen fabrizierte, den nämlichen Fehler gemacht hat – und aus dem Stoff ein „Fantasy-Abenteuer zum Mitleiden und Wegschmelzen“ (Sat.1-Reklame).

Dabei ist durchaus konsequent, daß Tristan mit Ralf Bauer besetzt wurde. Der Wellenreiter aus der Surferserie „Gegen den Wind“ muß neunmal über die hohe See segeln: Um von Isolde geheilt zu werden; um sie für seinen Onkel und König Marke (Joachim Fuchsberger) zu freien; schließlich, um die Geliebte heimlich zu treffen. Dazu benutzt er Boote, mit denen kein normaler Mensch sich auf den Chiemsee trauen würde.

Sportlich muß der 32jährige ohnehin sein, schlägt er sich doch auch in mehreren Schwertkämpfen tapfer. Ansonsten hält sich der Film an Klischees: Im Mittelalter lebte man in Burgen, trug leinene Wämser und mußte sich mit bösen Räubern herumschlagen. Der feindliche irische Prinz Morold ist ein Raufbold, der sich durch Brüllen verständigt. Der verschlagene Ogrin, der die beiden Liebenden bei König Marke verpfeift, hinkt und hat einen Buckel.

Selbst ordentliche Regieeinfälle wie den, die gute Isolde und deren böse Gegenspielerin, die bretonische Grafentochter Isolde Weißhand mit Lea Bosco in einer Doppelrolle zu besetzen, werden nicht genutzt. Wie leicht ließe sich die Psyche des Helden aus einer solchen Situation interpretieren. Hier dient der Kunstgriff nur dazu, in der verschmähten Isolde Weißhand Rachegelüste auszulösen.

So kommt es, wie es kommen muß: Tristan wartet in der Verbannung in der Bretagne schwerverletzt auf die rettende Ankunft seiner Geliebten und wird ein letztes Mal von dem dunkelhaarigen Biest verraten. Er stürzt sich in sein Schwert und stirbt in den Armen des eben eintreffenden Schatzes. Isolde weiß genau, was für sie das Beste ist, und stürzt sich hinterher. Nach dreieinviertel Stunden ist der Zuschauer froh, daß die beiden endlich tot sind. Da ist der große Stoff längst kleingeraspelt.

Eberhard Spohd ‚/B‘ Teil 2: Fr., 20.15 Uhr, Sat.1