Lustloser und routinierter Protestzug

■ Nur 250 Studenten und Schüler kamen zur Demo gegen den Nato-Einsatz

„Ihr könntet anfangen“, muntert ein Polizist die Veranstalter am Lautsprecherwagen auf. Und die geben es pflichtbewußt weiter an die Versammelten, die noch die Büchertische auf dem Vorplatz der Humboldt-Universität durchstöbern. „Wir werden jetzt losziehen.“ Etwas lustlos setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung, auch Ice-T, dessen „Fuck tha police“ aus der Musikanlage schmettert, bringt nicht die richtige Proteststimmung. Demonstrieren ist zur Routine geworden, wie der Krieg zur Routine geworden ist.

Nur 250 Schüler und Studenten haben am Mittwoch gegen den Nato-Einsatz im Kosovo demonstriert. Aufgerufen zu der „Demonstration gegen den Angriffskrieg auf Jugoslawien“ hatten Studentenvertretungen der HU und der TU sowie Schülerorganisationen. Ihr Vorwurf: Der Nato geht es nicht um die Lebenslage der Menschen aus dem Kosovo, sondern um die Sicherung politischer wie wirtschaftlicher Einflußsphären. „Deutschland will sich international neu positionieren. Die Menschenrechte dienen dabei nur als Rechtfertigung“, kritisierte Mitorganisator Bodo Niendel.

„Das schlecht gespielte Bedauern, mit dem die letzten Toten beklagt und die nächsten bereits angekündigt werden, kotzt uns an“, verliest Burkhard Noble von der TU. Außerdem werde zuwenig für die Flüchtlinge getan und die Militarisierung der deutschen Außenpolitik vorangetrieben, ohne daß die Öffentlichkeit dies in angemessener Weise reflektiere. Dann fällt der Generator aus.

Bestes Beispiel für den Mangel an öffentlichem Protest war die Beteiligung an der Demo, die mit 250 Teilnehmern weit hinter den Erwartungen der Veranstalter zurückblieb. „Deutschland führt Krieg, aber die deutsche Volksgemeinschaft sitzt ruhig auf ihrem Sessel“, stellt Clemens fest, der auch vor zwei Wochen schon mit den Studenten demonstriert hat. Da waren es immerhin noch mehr als 500. Und ein Sprecher des Astas der TU erklärt: „Studenten und Schüler spiegeln die Gesellschaft wider, und die Gesellschaft interessiert sich nicht für diesen Krieg.“ Tobias Hinsch