Der Feuerwehrmann

■ Rußlands neuer Premier Sergej Stepaschin gilt als farblos und bedingungslos jelzinhörig

Sergej Stepaschin gehört zum engsten Kreis der Macht in Moskau. Seine Karriere begann der 47jährige 1990 als Abgeordneter des Obersten Sowjets. Seitdem ging es nur noch bergauf – ungeachtet ausbleibender Erfolge.

Auf seinem ersten Höhepunkt als Chef der Auslandsaufklärung des Geheimdienstes FSK zählte Stepaschin zur „Kriegspartei“ im Tschetschenienkrieg. 1995 mußte er seinen Hut nehmen, 1997 kehrte er als Justizminister zurück.

Stepaschin verfügt über Eigenschaften, die man im russischen Staatsdienst schätzt: „Er ist farblos, durchaus ehrlich, wenig entschlußfreudig und nicht übermäßig korrupt“, so ein Vertrauter. In den Sicherheitsstrukturen war der knabenhafte Bürokrat anfangs nicht gelitten. Die Geheimdienstler nannten ihn den „Feuerwehrmann“. Nicht etwa wegen seiner Qualitäten in Notsituationen – vielmehr hat Stepaschin eine Dissertation zum Thema „Die kommunistische Parteiführung in der Leningrader Feuerwehr zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges“ verfaßt.

Jelzin hält auf Stepaschin große Stücke, denn er hat an seiner Loyalität nie auch nur die leisesten Zweifel aufkommen lassen. Wenn immer etwas Ehrenrühriges über den siechenden Präsidenten gesagt wird, tritt er auf und droht. Im jüngsten Skandal um den russischen Generalstaatsanwalt Juri Skuratow, der vorgab, „kompromittierendes Material“ auch über Mitglieder der Jelzin-Familie in den Händen zu halten, schlug sich Stepaschin sogleich auf die Seite seines bedrängten Patrons. Er hielt es nicht für nötig, den Vorwürfen wenigstens einmal nachzugehen.

Der Herr über eine Million Polizisten und mehrere hundertausend gut ausgerüstete Soldaten der Spezialeinheiten des Innenministeriums hat bewiesen, daß er keine Skrupel kennt. Hat Boris Jelzin mit ihm womöglich noch mehr vor? khd