Mode & DDR

Mode in der DDR? Alles nur Grau in Grau? Tatsächlich gab es im Osten ein Magazin, das sich der realsozialistischen Modefeindlichkeit widersetzte.

Sibylle hieß die Renommierzeitschrift ostdeutscher Bekleidungsästhetik. In den fünfziger Jahren gegründet, orientierte sie sich zunächst am Leitbild der gepflegten Dame und der adretten Hausfrau. In den sechziger Jahren entwickelte sich Sibylle zu einem Forum für anspruchsvolle Fotografie und modernes Layout. Elle und twen aus dem Westen waren die Vorbilder. Dorothea Melis, in den 60er Jahren zuständig für die Modeabteilung der Zeitschrift, hat ein schönes, sorgfältig gestaltetes Buch über Sibylle herausgegeben: „Modefotografien aus drei Jahrzehnten DDR“.

Die Fotografien kommen Zeitdokumenten gleich. Optimismus und Heiterkeit waren Pflicht, und wo sie sich nicht fanden, wurde schon einmal ein Lächeln nachretouschiert. Sibylle stand für eine eigenständige Bildästhetik: Kleidung sollte dort aufgenommen werden, wo sie getragen wird, im Büro, auf der Straße. Mode sollte nicht Ausdruck von Luxus und Extravaganz sein.

Arno Fischer, einer der Fotografen, erinnert sich in dem Buch an Aufnahmen in Bitterfeld: „Ich bin durch die Stadt gefahren und war erschüttert über den Dreck und die Tristesse. Ich wollte einfach wissen, ob man in dieser Stadt Mode ohne Distanz oder gar Zynismus fotografieren kann, ob es eine Mode gibt, die diesem Umfeld standhält.“ Hauptmerkmal der Zeitschrift:

Modefotografie war überwiegend Porträtfotografie. Mit sparsamen Mitteln. So können viele der Aufnahmen auch heute noch bestehen, sind anders als viele westdeutsche Werbefotos bar aller Albernheit. Trostlos für die gewöhnliche Konsumentin: Die abgebildeten Konfektionen waren nur selten zu erwerben. In Heimarbeit wurde nachgeschneidert; das Vorbild: Sibylle. Georg Gruber

Dorothea Melis (Hrsg.): „Sibylle – Modefotografie aus drei Jahrzehnten DDR“. Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1998, 320 S., 49,80 Mark