Prima Klima

Niedrigenergiehäuser aus Holz sind nicht nur ökologisch und ökonomisch. Sie werden auch immer billiger und beliebter  ■ Von Christoph Ruf

Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Wolkendecke über Hamburg durchstoßen, herrschen auf einem Dach in Nienstedten Temperaturen von 70 Grad. Sonnenkollektoren erwärmen Spül-, Dusch- und Waschwasser in der Wohnung von Silke Marienhagen und Holger Wehmeyer. Die beiden wohnen in einem „Niedrigenergiehaus“ (NEH) – wie immer mehr HamburgerInnen. Das von dem Tostedter Anbieter Besendahl erbaute zweigeschossige Haus bietet neben ökologischen auch wirtschaftliche Vorteile, erklärt Silke Marienhagen: „Man kann die Energiekosten drastisch senken.“

Um zu verhindern, daß durch das Öffnen der Fenster auch die teuer erwärmte Luft wieder entweicht, bieten die Anbieter von NEH ein originelles Lüftungssystem an. Damit könne „genau dosiert in dem Maße gelüftet werden wie nötig. Gegenüber dem Fensteröffnen spart man immens an Energie“, so Besendahl-Sprecher Stefan Johannismann. Durch eine Öffnung in der Raumdecke saugt ein Motor die feuchte Luft nach draußen. Frische Außenluft strömt im Gegenzug ein. „Selbst im Bad brauchen wir das Fenster nicht mehr zu öffnen“, so Marienhagen. Einziger Nachteil beim fast perfekten Öko-Kreislauf: „Das Motorengeräusch ist doch recht deutlich zu hören.“

Einen weiteren Vorteil des Verzichts auf konventionelles Lüften erläutert Firmen-Eigentümer Heinrich Besendahl: „Bei offenem Fenster zu schlafen, ist alles andere als gesund. Unsere Belüftungsanlage filtert einen Großteil der Schadstoffe, die ansonsten in die Raumluft gelangen, heraus“ – alle zwei Stunden sei die Luft im Haus „komplett ausgetauscht“.

Auch Silke Marienhagen ist trotz des latenten Summgeräusches mit ihrem Nienstedtener Eigenheim mehr als zufrieden, zumal die Baukosten allenfalls vier Prozent über den Angeboten konventioneller Bauträger gelegen hätten. Zwei kleinere Beiträge zur Senkung der Kosten kamen von der Hamburger Umweltbehörde. Sie überwies 6.000 Mark aus ihrem Fördertopf „Arbeit und Klimaschutz“ und subventionierte mit weiteren 4.000 Mark das mit Sonnenkollektoren bestückte Dach.

Inzwischen hat die Behörde den Zuschuß aus dem Fördertopf auf 4.000 Mark gesenkt, wegen „der gesunkenen Baukosten“, so Sprecher Henning Kremer, der sich darüber freut, daß „die Nachfrage seit 1997 deutlich zugenommen“ hat: „Wir werden dieses Jahr 200 Objekte fördern.“ Im Jahr zuvor waren es mit 41 gerade einmal ein Fünftel. Für besonders förderungswürdig hält die Behörde die gegenüber konventionellen Häusern stark verbesserte Isolierung der NEHs: „Unsere Häuser sind mit Zellulose wärmegedämmt“, erklärt zum Beispiel Udo Hein von der Firma Piccodom aus Burgwedel bei Hannover. Das Material biete gegenüber der herkömmlich verwandten Glas- oder Steinwolle den Vorteil, daß die Isolierung auch im Hochsommer greife. Wenn normale Fertighäuser schnell zum Glutofen werden, „bleiben unsere Häuser angenehm kühl“.

Im Vergleich zu Neubauten, die nach der recht strengen Wärmeschutzverordnung von 1997 erbaut wurden, lasse sich der Energieverbrauch in Piccodom-Häusern noch einmal um bis zu 70 Prozent drosseln, so Hein. Das Konzept scheint neben Privatleuten im Hamburger Umland auch den renommierten „Hockeyclub An der Alster“ überzeugt zu haben. Der ließ sich voriges Jahr sein Clubhaus von der Burgwedeler Firma bauen.

Sämtliche NEH-Anbieter schwören auf Holz als ökologisch mustergültigem Baustoff: „Wir verwenden heimische Nutzhölzer, dadurch bleiben die Transportwege kurz“, so Hein. Einen weiteren Vorteil erläutert Marion Sievers von der Rendsburger Firma Lönnebergahus: „Das Wohngefühl in Holzhäusern ist einfach unvergleichlich. Viele unserer Kunden lassen aus diesem Grund von uns bauen“. Holz habe die angenehme Eigenschaft, Feuchtigkeit zu absorbieren, oder abzusondern, wenn das Raumklima zu trocken wird. Das Haus „atmet“ sozusagen: „Kein Vergleich zu der trockenen Luft in Fertighäusern“, weiß Sievers.

Daß Holz allmählich auch in Deutschland in Mode kommt, freut dementsprechend alle NEH-Anbieter. „In Skandinavien oder in Amerika“ werde nicht ohne Grund schon seit Menschengedenken so gebaut.