■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Gnade vor Recht für von Bock

In einer guten Verwaltung können Vorgänge, wenn sie ordnungsgemäß ab-gewickelt werden sollen, schon mal länger liegen. In der Bremer Senatskommission für das Personalwesen (SKP) lag seit Monaten eine Akte „Hans-Georg von Bock und Polach“, Disziplinarverfahren. Wir erinnern uns: Das war jener Oberstaatsanwalt vom Dezernat für politisch brisante Ermittlungen, unter dessen Schreibtisch über hundert unerledigte Akten-Vorgänge gefunden wurden, als er von seinem Schulfreund Ralf Borttscheller ins Innenressort als Staatsrat geholt wurde. Von Bock las gern Arno Schmidt, erzählt man sich, und da können Akten-Vorgänge schon mal etwas länger dauern.

„Strafvereitelung im Amt“ sei das in einzelnen Fällen gewesen, fanden von Bocks ehemalige Staatsanwaltschafts-KollegInnen, und klagten den Mann, der anderen immer wie ein „scharfer Hund“ gekommen war, an. Von Bock war schließlich bereit, eine Geldbuße zu zahlen, um das unangenehme Verfahren vom Hals zu haben. Nicht erledigt war damit das Disziplinarverfahren. Denn wenn Beamten ein Versagen im Kernbereich ihrer dienstlichen Pflichten gerichtlich attestiert worden ist, dann muß die Behörde ja dienstrechtliche Konsequenzen prüfen.

Verantwortlicher Dienstherr des von Bock aber war ja sein Schul- und Duz-Freund Borttscheller, der sich in den Medien auch gern als scharfer Hund dargestellt sieht. „Tritt das tot“, sagte Borttscheller zum Chef der SKP, Parteifreund Hartmut Perschau. „Ich werde sehen, was ich tun kann“, so ähnlich soll Perschau geantwortet haben. Der Eindruck von Begünstigung mußte natürlich vermieden werden, denn die Beamten in der SKP sind pflichtbewußt und sehen überhaupt nicht ein, warum ein CDU-Freund anders als ein anderer Beamter behandelt werden soll.

Da kam Perschau eine Idee. Es lief nämlich noch ein Disziplinarverfahren gegen den Beamten Henning Lühr. Der schwerwiegende Vorwurf: Lühr soll dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses interne Unterlagen über die Finanzlage Bremens gegeben haben. Das Parlament zu informieren ist zwar in einer parlamentarischen Demokratie relativ korrekt, aber was soll's: „Wenn das Verfahren gegen Lühr eingestellt wird, stellen wir auch das Disziplinarverfahren gegen von Bock ein“, wies der Senator seine damalige Abteilungsleiterin „UvB“, Uhlig-van Buren, an. „Das geht nicht“, gab diese in einem schriftlichen Vermerk zurück, beide Verfahren seien nicht vergleichbar: Lühr hatte gegen sich selbst ein Verfahren beantragt, um seine Unschuld attestiert zu bekommen. Bei der Schwere der Vorwürfe könne das Verfahren gegen von Bock nicht eingestellt werden.

Kaum war die aufrechte UvB als Generalstaatsanwältin nach Hamburg gegangen, legte ihr Nachfolger mit CDU-Parteibuch im Amt die rechtlichen Bedenken unter eine andere Akte mit der Aufschrift „CDU“ und stellte das Disziplinarverfahren ein. Wenn es um einen Staatsanwalt geht, muß eben manchmal Gnade vor Recht ergehen, findet

Ihre Rosi Roland