Schreibtischtäter sind Opfer

Giftige Dämpfe, Staub, Lärm: Das „Sick-Building-Syndrom“ hat viele Ursachen. Check-Listen sind der erste Schritt zum gesunden Büro  ■   Von Esther Kogelboom

Jeder fünfte Büromensch bundesweit ist vom „Sick-Building-Syndrom“ betroffen. Neun Millionen Arbeitnehmer verbringen in Deutschland einen großen Teil ihres Lebens im Büro. Aus mikrobiologischer Sicht wimmelt es aber gerade in Großraumbüros nur so von giftigen Dämpfen aus Baustoffen, Büromaterialien und Möbeln. Die hohe Staubkonzentration, Reinigungsmittel, falsche Beleuchtung und der konstant hohe Lärmpegel tun ihr übriges für ein schlechtes Allgemeinwohl. Allerdings verantwortet nie nur eine Umweltbelastung allein das „Sick-Building-Syndrom“: Die Summe der Wohn- und Arbeitsgifte kann Kopfschmerzen bereiten. Sogar Fälle von chronischen Erschöpfungszuständen sind Experten bekannt. Betroffene, die oft aus Angst vor Mobbing ihre Beschwerden geheimhalten, fordern, daß auch MCS (multiple chemical sensitivity) endlich als Berufskrankheit anerkannt wird.

Doch was tun gegen dicke Luft im Büro? Dr. Harald Gilh, Fachmann vom Arbeitskreis für Umweltbewußtes Managment (B.A.U.M. e.V.) empfiehlt, zuerst mittels genauer Checklisten den Ist-Zustand des Arbeitsplatzes zu untersuchen. Trieft die Nase, weil sich ein hartnäckiger Schimmelpilz in der Klimaanlage oder in der Hydrokultur eingenistet hat? Oder doch nur, weil die Kollegen Kettenraucher sind? Brennen die Augen, weil der Bildschirmarbeitsplatz ungünstig gebaut ist? Oder weil Lösungs- und Klebstoffe des Spanplatten-Schreibtisches in die Luft ausgasen? Besonders häufig finden sich kritische Schadstoffmengen, wie Formaldehyd, das schon in niedrigen Dosen Allergien auslösen kann, in Teppichböden – und eben Spanplatten.

Wenn Teile der Einrichtung als Schadstoffquelle in Verdacht geraten, kann man versuchen, sie zumindest zeitweise auszulagern. Außerdem können die Chemikalien aus neuen Möbeln oder Anstrichen durch kombiniertes Heizen und Lüften über mehrere Wochen förmlich ausgebacken werden“, rät die Zeitschrift Öko-Test. Am effektivsten sei natürlich, die Gifte erst gar nicht ins Büro zu lassen und bei der Neueinrichtung von Büros nur schadstoffarme Gegenstände und Materialien zu verwenden. Zudem sollten keine Teppiche ausgelegt werden, um die Luft möglichst staubfrei zu halten.

Wie sehr die Büroluft mit Formaldehyd belastet ist, kann man mittels Prüfplaketten oder Prüfröhrchen aus der Apotheke schnell und einfach herausfinden. Liegt die Belastung zwischen 0,1 und 0,025 ppm (parts per million), kann ein passender Luftfilter helfen, eventuelle Beschwerden abzubauen. Auch Pflanzen nehmen Schadstoffe auf! Purpurtute, Grünlilie, Aloe, Birkenfeige und Philodendron ziehen das vermutlich krebserregende Formaldehyd aus der Atemluft – so funktionieren Pflanzenfilter.

Auch Klimaanlagen sorgen nicht nur für eine konstante Raumtemperatur, sondern stehen unter Verdacht, das Infektionsrisiko durch den durch sie entstehenden Zug zu erhöhen. Noch schlimmer: die Frischluft-Lieferanten sind oft echte Dreckschleudern, die statt sauberer Luft Sporen und allergisierende Stoffe verbreiten. Wichtig ist hier, daß die Klimaanlagen regelmäßig gewartet, die Luftfilter kontrolliert und gereinigt werden. Ansonsten: abschalten!

Bei der Anschaffung neuer Elekrogeräte wie Fax und Drucker hilft der „Blaue Engel“ bei der Auswahl. Kriterien für die Vergabe des Öko-Labels für Drucker sind zum Beispiel die Möglichkeit der Verarbeitung von Recyclingpapier, recyclinggerechte Konstruktion, lange Garantiezeiträume und umweltgerechte Toner.

Je weniger behandelt ein Möbelstück ist und je weniger Einzelteile das technische Büro-Equipment hat, desto umweltverträglicher. Das bestätigt auch ein Projekt der Technischen Universität Berlin der Zentraleinrichtung Kooperation und Weiterbildung. Unter der Regie von Dr. Ortrud Rubelt entstanden fünf Filme zum ökologischen Lebensraum Büro sowie ein umfangreiches Medienpaket, das bei der TU erhältlich ist. Die Materialien bieten eine gute Übersicht für jeden, der seinen Arbeitsplatz nach ökologischen und gesundheitsfördernden Kriterien einrichten will.

Infos: www.tu-berlin.de/zek/wb

Umweltbundesamt Bismarckplatz 1, 14193 Berlin, fon 030-2631-0, fax: 030-89 03-22 85.

Bundesdeutscher Arbeitskreis für umweltbewußtes Managment (B.A.U.M. e.V.), Osterstr. 58, 20259 Hamburg, fon: 040-49 07-11 00 fax: 040-49 07-11 99.