Grüne Basis-Befürchtungen

■ Unter dem Namen „Basis Grün“ will die unterlegene Linke ein Auffangbecken für Noch- und Nicht-mehr-Mitglieder gründen

Die große Gruppe der Grünen, die die Bombardierung Jugoslawiens kompromißlos ablehnt, wird sich nach ihrer Niederlage in Bielefeld unter dem Namen „Basis Grün“ organisieren. Das ist die Übereinkunft, die am Donnerstag abend mehr als 200 Mitglieder im Anschluß an den Sonderparteitag trafen. Prominente Teilnehmer sind die Bundestagsabgeordneten Annelie Buntenbach und Christian Simmert sowie der Hamburger Verfasser des Antikriegsaufrufs, Uli Cremer. Bereits am 6. Juni ist ein bundesweites Treffen in Dortmund geplant.

„Es wird keine schlichte Rückkehr zur Normalität geben“, versprach Buntenbach, die jedoch ebenso wie Simmert in der Partei bleiben und auch ihr Mandat behalten will. „Wir sind eine qualifizierte Minderheit, die es sich nicht leisten kann, durch Austritt ins politische Nirwana abzurutschen“, so Simmert. Uli Cremer will über seine nächsten Schritte „noch ein paar Tage nachdenken“. In keinem Fall aber solle das Bündnis „eine neue Partei“ werden, sondern ein „organisiertes Auffangbecken, um auf Landes- und Bundesebene intervenieren zu können“, sagte Ralf Hentze aus Schleswig-Holstein, der zum Sprecher von „Basis Grün“ bestellt wurde.

Bei vielen Grünen ist die Entscheidung, die Partei zu verlassen, dagegen bereits gefallen: Der Düsseldorfer Landtagsabgeordnete Daniel Kreutz ist „erleichtert“, weil er „nach diesem Beschluß nur noch austreten kann“. Sein Mandat will er behalten, aber „die Diätenabführungen an die Partei sofort stoppen“, zugunsten eines Pazifistenverbandes.

In Hamburg will eine Handvoll Landtagsabgeordneter aus der rot-grünen Regierungsfraktion ausscheren und, „wenn alles gut geht“, sogar eine eigene Fraktion gründen. In Bochum will nach dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Eckhard Stratmann auch der ehemalige Kreisvorstand Martin Budich den Kreisverband verlassen. Ein Mitglied des Landesvorstands Baden-Württemberg erklärte, er werde „die Grünen nicht mehr wählen“.

Kleinere Orts- und Kreisverbände befürchten eine Austrittswelle. „Ihr könnt es euch vielleicht gar nicht vorstellen“, sagt eine Delegierte aus Baden-Württemberg , „aber ich kenne Ortsverbände, da wird am Montag keiner mehr sitzen.“ In Mecklenburg-Vorpommern gar droht der gesamte Landesverband auseinanderzubrechen, sollte die Landesgeschäftsführerin tatsächlich ihren Job an den Nagel hängen. Ein Grüner aus Rheinland-Pfalz fürchtete am Donnerstag abend „massive Einbrüche bei ber Kommunalwahl“, und dann, „hey Leute, geht es um Mandate“.

Heike Haarhoff, Bielefeld