Daimler soll blechen

■ EU will Bußgeldverfahren mit 200 Millionen Mark Strafe abschließen

Stuttgart/Berlin (dpa/taz) – Es dürfte das derzeit größte Bußgeldverfahren gegen einen deutschen Konzern sein. DaimlerChrysler soll gegen die Wettbewerbsauflagen der EU verstoßen haben. Die Stuttgarter müssen deshalb mit einem Bußgeldbescheid von mehr als 200 Millionen Mark rechnen – so jedenfalls der zuständige EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert in einem Interview mit dem Magazin Focus. Die Kommission habe eindeutige Beweise, daß der Konzern Kunden an Billigkäufen in vier EU-Ländern gehindert habe.

„Das ist ein ähnlicher Fall wie bei VW“, sagte van Miert. Gegen VW hatte die EU- Kommission ein Bußgeld von 200 Millionen Mark (102 Mio. Euro) verhängt, da der Konzern ihrer Meinung nach systematisch den Re-Import von Neuwagen nach Deutschland und Österreich verhindert habe. Volkswagen klagt allerdings noch vor dem EU-Gerichtshof gegen den Bescheid. In anderen Ländern sind Neuwagen oft deutlich billiger, so daß sich für Kunden die Fahrt über die Grenzen lohnt. Die Konzerne sehen das nicht gern, dürfen aber laut EU-Gesetz den freien Warenverkehr nur sehr bedingt beschränken.

Das Bußgeld orientiert sich eigentlich am Umsatz des Unternehmens, und der soll laut Konzernschätzungen bei DaimlerChrysler in diesem Jahr knapp 270 Milliarden Mark erreichen – fast doppelt soviel wie Volkswagen. Entsprechend hoch ist theoretisch die Bußgeldsumme, entsprechend gereizt reagiert die Konzernzentrale in Stuttgart. Als „Kanonendonner aus Brüssel“ hat DaimlerChrysler-Vertriebschef Dieter Zetsche den Vorwurf zurückgewiesen, der Auto-Konzern habe in einigen EU-Ländern jahrelang den grenzüberschreitenden Verkauf an Endkunden systematisch blockiert. In einem Interview der Welt am Sonntag sagte Zetsche, eine DaimlerChrysler angelastete „Gesamtstrategie zur Behinderung des Parallelhandels“ gebe es nicht.

Daimler-Manager lassen wissen, sie sähen bei dem Vorgehen von van Miert auch den Versuch, eine 2002 anstehende Verlängerung der Gruppenfreistellung für das Kraftfahrzeugwesen blockieren zu wollen. Diese EU-Ausnahmeregelung erlaubt es den großen Automobilherstellern, ausgesuchte Vertriebssysteme zu führen, ihre Autos also mehr oder weniger exklusiv über Vertragshändler zu vertreiben. rem