: Einfühlsame Anstöße
■ „gruppe demontage“ lädt zur Diskussion über ihr Buch „Postfordistische Guerilla“
Laut Hamburger Verfassungsschutzbericht 1998 ist die kleine Autorengruppe „eine der aktivsten ,antinationalen' Zusammenhänge“. Sogar der Titel des Buches wird erwähnt. Ob das für Qualität bürgt? Wer will, kann heute abend die Gefährlichkeit von Werk und Schöpfern selbst begutachten: Die Hamburger gruppe demontage lädt zu einer Diskussion über ihr 1998 im Unrast-Verlag erschienenes Buch „Postfordistische Guerrilla“. Podiumsgäste sind VertreterInnen linksradikaler, antinationaler und feministischer Gruppen aus Köln, Berlin und Bochum.
In ihrem Buch analysieren die Autoren – übrigens alles Männer – anhand aktueller Beispiele in Mexiko, Chiapas, Algerien, Korsika, Euskadi, Kurdistan und Nordirland die nationalistischen Haken tatsächlicher oder vermeintlicher Befreiungsbewegungen. Der positive Bezug auf „die Nation“, wie etwa bei den Zapatisten in Chiapas, oder „das Volk“, wie bei der kurdischen Arbeiterpartei PKK, führt für sie in eine Sackgasse. Dabei überzeugen ihre Schilderungen durch große Sachkenntnis, die selbst „SpezialistInnen“ neue Anstöße bietet.
Das Buch ist denn auch weniger an die Bewegungen selbst adressiert als an deutsche Solidaritätsgruppen mit ihrem mehr oder weniger versteckten Nationalismus. Hier besticht die Textsammlung – keinesfalls selbstverständlich für die radikale Linke – durch die Sprache: Behutsame, manchmal gar einfühlsame Formulierungen lassen Platz für eigene Reflektionen und ermöglichen es so letztlich, die Kritik anzunehmem. Daß diese dringend notwendig ist, beweisen nicht zuletzt die vielen Zitate, die das Buch liefert – wie jenes aus einem Flugblatt des Hafenstraßenplenums, das 1991 fordert: „Arabien den arabischen Völkern!“ Heike Dierbach
Heute, 19 Uhr, Hochschule für Wirtschaft und Politik, Von-Melle-Park 9
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