Rassisten oder Unschuldslämmer

Fünf Polizisten müssen sich wegen Körperverletzung verantworten  ■ Von Kai von Appen

Sie präsentieren sich als Unschuldslämmer – die fünf Beamten der sogenannten P-Schicht (Präsenz-Schicht) vom Polizeirevier Lerchenstraße. Warum der Afrikaner Alimang S. solch schwere Vorwürfe gegen sie erhebt, „darüber denke ich bereits seit eineinhalb Jahren nach“, meint Uwe E. Er und seine Kollegen Carsten S., Werner D., Jürgen E. und Frank K. müssen sich seit gestern vor dem Hamburger Amtsgericht wegen schwerer Körperverletzung und Freiheitsberaubung veranworten. Den Zivilfahndern wird vorgeworfen, im November 1997 den damals 18jährigen Alimang S. im Schanzenviertel verschleppt und auf einem stillgelegten Schlachthofgelände an der Lagerstraße mißhandelt zu haben.

Alimang S. bekräftigte gestern als Zeuge seine Aussage, die er schon vor dem Vernehmungsrichter gemacht hatte. Danach wollte er an jenem Abend ein Reggaekonzert in der Roten Flora besuchen, als er in der Schanzenstraße von Uwe E. und Carsten S. angehalten wurde. Unter dem Vorwand, die Personalien auf der Wache zu überprüfen, sollte der junge Mann aus Sierra Leone in ein Auto steigen. Im Wagen saßen drei weitere Fahnder. Statt zum Lerchenrevier ging es damals zur Lagerstraße. „Dort haben die mich aus dem Auto geschubst“, erinnert sich S.

Während das Trio sich mit dem Wagen aus dem Staub machte, hätten E. und S. ihn attackiert. „Die haben mich zu Boden gestoßen.“ Dann sei er geschlagen und getreten worden, berichtet der junge Afrikaner. „Ich lag auf dem Boden, da hat einer seinen Fuß auf mein Gesicht gestellt.“ Als er daraufhin angefangen habe zu schreien, „hat jemand versucht einen Handschuh in meinen Mund zu stopfen“. Ein Zug war seine Rettung. „Ich weiß nicht, ob die Panik bekommen haben, die haben losgegelassen und ich konnte fliehen.“ Mit einer Kopfverletzung und Prellungen habe er ein Taxi angehalten. Dann „habe ich die Polizei gerufen“.

Uwe E. und Carsten S. erzählen eine andere Version. Als Zivilbeamte hätten sie den Afrikaner in der Nähe der alten Flora überprüft, weil er sich auffällig benommen habe. Während der Kontrolle habe der Afrikaner unaufhörlich geschrien. „Ich habe ihm deshalb kurz mit dem Handschuh den Mund zugehalten“, sagt Carsten S. und liefert damit eine Erklärung dafür, warum an seinem Handschuh später Speichelspuren gefunden wurden, die nach einer DNA-Analyse eindeutig von Alimang S. stammten.

Per Funk hätten sie Hilfe angefordert. Ein mit drei Beamten besetzter Einsatzwagen sei angerückt. Auf dem Weg zum Revier habe es dann über Funk die Information gegeben, daß gegen den 18jährigen nichts vorlag. Alle Angeklagten sagen einheitlich aus, sie hätten Alimang S. noch zum S- Bahnhof Sternschanze gefahren. Dort sei der Mann dann geflüchtet. Man habe ihm nicht mal mehr seine Papiere zurückgeben können.