Oskars Rückkehr an die Stätte seiner Niederlage

■ Beim ersten Auftritt in Bonn seit seinem Rücktritt wird Oskar Lafontaine umlagert. Längst hat der Ex-Minister die Wandlung vom Politiker zum Popstar hinter sich: Der Auftritt zählt, nicht die Aussage

Bonn (taz) – „Herzlich willkommen zurück in Bonn.“ Oskar Lafontaine kann sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er am Dienstag in der saarländischen Landesvertretung empfangen wird – nur einen Steinwurf vom Bundestag entfernt. Der Ex-Finanzminister wirkt ausgeruht, bahnt sich lässig den Weg durch die Menge der Journalisten zur Rednerbank.

Der Raum ist überfüllt. Steht ein neuer Coup zu erwarten? Die vielbeschworene Abrechnung mit Schröder und Hombach etwa? Doch diesmal ist er nur gekommen, um das Buch des SPD-Pensionärs Herbert Ehrenberg vorzustellen, der bis 1982 Bundesarbeitsminister war: „Raus aus der Krise“ heißt es. Lafontaines Laudatio bleibt beschränkt auf reines Rezitieren. Sicher, hier und da blitzt der alte Kampfgeist des roten Saarländers auf. Die „grauköpfigen Herren, denen man besondere Weisheit zubilligt“, müßten sich endlich der Realität stellen und die Binnennachfrage als Beschäftigungsmotor akzeptieren. Wen genau er damit meint, läßt er offen.

Die bissigsten Kommentare kommen aus dem Publikum: „Alles nur, weil wir keine wirklich freie Marktwirtschaft haben“, flüstert ein Journalist. Wenn das Oskar gehört hätte. So aber läuft Lafontaines Bonner Auftritt glatt – ohne Frontalangriff auf seinen Nachfolger, ohne direkte Kritik an der Restregierung. Warum Lafontaine sich nach seinem Rücktritt jetzt immer wieder öffentlich äußere, will ein Journalist wissen. Er habe nur zugesagt, weil er das Buch Herbert Ehrenbergs unterstützen wolle, antwortet Lafontaine, als sei er sich der Symbolträchtigkeit des Veranstaltungsortes Bonn nicht bewußt. So kommt Ehrenberg noch mal zu Wort: „Es gibt in diesem Land kein Denkverbot für Rentner“, sekundiert er, bevor eine Schar Journalisten den seltenen Gast aus dem Saarland beim Buffet doch noch zum ersehnten Rundumschlag hinreißen will. Doch Oskar unterhält sich lieber über den Saarländer Wein. Sebastian Sedlmayr