Finanzierung noch offen

■ Bei der Gesundheitsreform ist ein rot-grüner Kompromiß in greifbarer Nähe. Ministerin Fischer hat sich in wichtigen Punkten durchgesetzt. Finanzverhandlungen schwierig

Berlin (taz) – Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) hat sich mit ihren Plänen, die Hausärzte zu stärken, gegen die SPD durchgesetzt. Nach dem Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform, den die rot-grüne Koalition nach Pfingsten vorlegen will, sollen alle Krankenversicherten ab Januar 2000 an einem Modellversuch der Kassen teilnehmen können. Wer mitmacht, bekommt einen Teil seines Kassenbeitrags erstattet, wenn er zunächst seinen Hausarzt und nicht sofort einen Spezialisten aufsucht. Voraussetzung ist, daß die Kassen durch dieses Modell tatsächlich Geld einsparen.

Auch mit ihren Plänen, alternative Medikamente auf einer Positivliste aufzuführen, konnte sich die Ministerin gegen die SPD-Gesundheitsexperten durchsetzen. Ein Gremium aus Experten für alternative Heilmethoden wird die Liste aller Naturheilmittel aufstellen, die von den Krankenkassen bezahlt werden müssen. Ein weiteres Kollegium aus Schulmedizinern wird über die Wirksamkeit der chemischen Präparate urteilen.

Bei der Reform der Krankenhausfinanzierung mußte die Ministerin dagegen den Zeitplan der SPD übernehmen. Danach sollen von 2003 an, zwei Jahre früher als nach dem Vorschlag Fischers, die Kassen die Finanzierung der Krankenhäuser vollständig übernehmen. Die ursprünglich geplante teilweise Beteiligung der Länder entfällt. Von 2008 an sollen die Kassen Klinikinvestitionen wie Um- und Neubauten ganz bezahlen. Diese zusätzlichen Ausgaben von etwa 4,5 Milliarden Mark werden die Länder zur Hälfte gegenfinanzieren. Versicherungsfremde Leistungen werden dann aus den Länderkassen bezahlt.

Die Koalitionspartner einigten sich auch, daß die heute üblichen Tagessätze in den Krankenhäusern durch ein anderes Preissystem ersetzt werden sollen. Für eine Blinddarmoperation wird in Zukunft also ein bestimmter Betrag festgesetzt. Diese Summe ist unabhängig davon, wie lange der Klinikaufenthalt dauert. Der Widerstand von Ärzten und Kassen gegen die Gesundheitsreform wächst unterdessen weiter. Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, forderte, Neu- und Umbauten von Krankenhäusern müßten Sache der Länder bleiben.

Morgen wollen sich die Gesundheitsexperten von SPD und Grünen darüber einigen, wie die geplante Reform finanziert werden soll. Die SPD-Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch sagte der taz, sie rechne „ mit schwierigen Verhandlungen“. Die Ministerin müsse erklären, wie sie zu den Zahlen in ihrem Entwurf gekommen sei. Tina Stadlmayer