Lachende Trauerklöße

■ Mogwai und Low dividieren traurige Songs und Todessehnsucht auseinander und betreiben Politik ganz ohne Worte

Eine schöne Pointe war das: „Die einzige Band in Großbritannien, die noch etwas zu sagen hat“, schrieb der NME über Mogwai, also über eine Band, die auf Gesang fast völlig verzichtet. Im Interview zog Hauptgitarrist Stuart Braith-waite über risikolose und in Traditionen verfangene Zeitgenossen her. Der NME-Autor lobte zurecht die Eindeutigkeit von Tracktiteln wie Fuck The Curfew oder No Education – No Future. Doch konnte er mit den gleichen Mogwai gesprochen haben, die kurz zuvor auf Interviewreise durch Deutschland waren?

Nun, zumindest saß Stuart Braithwaite nicht mit in der Hotelbar in St. Georg. Die Gitarristen John Cummings und Barry Burns waren abgestellt worden, um den Wissensdurst der deutschen Journalisten zu stillen. Zwei freundliche Biertrinker sind das, die sich in breitestem schottischen Dialekt gerne Anekdoten erzählen. Wie diese etwa: Das erste, was der Schlagzeuger von Def Leppard gesagt hat, als er wieder zu sich kam, war: „Ich bin ein berühmter Rockschlagzeuger und ich habe einen Arm verloren!“ Darüber lacht Barry Burns kehlig und laut.

Am Vortag hat er sich eine Platte von Black Sabbath gekauft, die er stolz vorzeigt: „Dabei habe ich gar keinen Plattenspieler. Aber schau Dir die tolle Schrift auf dem Cover an!“ So sitzen die beiden in ihren Kappa-Trainingsanzügen da und plaudern fröhlich daher.

Aber zu den obengenannten Titeln murmeln sie nur: „Titel sind halt die einzige Möglichkeit für eine Instrumentalband, politische Positionen zu beziehen.“ Und auch von einer existenziellen Traurigkeit, die die epischen Melodramen auf Mogwais zweitem Album Come On Die Young ausgelöst haben möchte, ist nicht viel zu bemerken. „Ich empfehle, die Platte ganz entspannt nach einem guten Essen zu hören“, sagt Barry Burns, „obwohl ich eigentlich fast alles am liebsten nach einem guten Essen mache, wie man mir wohl auch ansieht“. Und wieder dieses Lachen.

Vielleicht haben Mogwai einfach den Glauben an eine authentische Repräsentation von Gefühlen durch Rockmusik verloren. Es ist dieser Kurzschluß zwischen Leben und Kunst, der die Attraktion jungverstorbener Rockstars für jugendliche Bewunderer ausmacht. So wie Ian Curtis von Joy Division, dessen 24 HoursMogwai kürzlich bei einem Konzert nachspielten. Doch müssen traurige Melodien und Todessehnsucht zwangsläufig zusammengehören?

Das stellen sicher auch Low in Frage. Die Amerikaner, die zusammenmit Mogwai auf Tour sind, spielen zwar auch tieftraurige Songs, in denen sie schon mal nur „Oh Misery“ singen. Doch im Leben machen sie den Eindruck von gefestigten Leuten, mormonischen Glaubens zudem. Der wird sie zwar davon abhalten, nach dem Konzert mit Mogwai noch ein Bier zu trinken. Aber dem möglichen Motto des Abends werden auch sie sich anschließen können: Mit traurigen Liedern einen lustigen Abend haben.

Felix Bayer Di, 25. Mai, 21 Uhr, Logo