Schlagende Männer nicht gestoppt

■ Bremens Modellprojekt „Wenn Liebe zuschlägt“ zieht im „europäischen Aktionsjahr gegen Gewalt gegen Frauen“ eine schwache Bilanz / Heute Debatte in der Bürgerschaft

Noch zählt Bremen bundesweit zu den Vorzeigestädten. Immerhin gibt es hier seit eineinhalb Jahren ein mit Sponsorengeldern aus der Taufe gehobenes Modellprojekt „Wenn Liebe zuschlägt“. Männer und Frauen, schlagende (Ehe-) PartnerInnen, sollen beim Verein „Neue Wege“ per Beratung aus der Gewaltspirale geführt werden. Doch mittlerweile läuft die Arbeit des Vereins, für den sich die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe immer stark machte, nur noch schleppend.

Im Vordergrund des Debakels stehen Datenschutzgründe. PolizistInnen, zumeist erste ZeugInnen der häuslichen Gewalt vor Ort, dürfen dem Beratungsverein Neue Wege – anders als im Vorbildland Österreich – nicht einfach Namen und Adressen betroffener Opfer und Täter mitteilen. Im Hintergrund allerdings „gibt es wohl nicht genug Nachdruck, dieses Problem schnell zu lösen“, sagt Elke Baumann, Mitinitiatorin des Vereins.

Während die Pädagogin im letzten Jahr noch 44 Beratungsanfragen von Frauen und 22 von Männern zählte, gingen in den letzten Monaten deutlich weniger Anrufe ein. Von sich aus aber kann der Verein – aus besagten Datenschutzgründen – nicht aktiv werden. Eine reibungslose Kooperation mit der Polizei sei das A und O, um gewalttätigen Männern, „von denen sich längst nicht alle melden, auch wenn sie für Beratung in Betracht kämen“, Hilfe näher zu bringen.

„Den stärksten Eindruck auf die Männer macht es, wenn Polizeibeamte ihnen deutlich sagen, daß ihr Verhalten strafbar ist“, beobachtet Baumann. Auch Frauen erhielten dadurch neues Selbstbewußtsein. „Von den Geschlagenen haben viele erst jetzt, nach jahrelanger Gewalterfahrung, zum ersten Mal erlebt, daß Polizisten sich für sie und gegen den Mann einsetzen“, sagt sie. Vorsichtig schränkt sie ein: „Viel hängt dabei aber vom Engagement einzelner Beamter ab.“

Bislang arbeitet der Verein, dessen Finanzierung nur bis zum Jahresende gesichert ist, nur in Gröpelingen, Walle und Oslebshausen. Eine Ausweitung sei angesichts des Ausmaßes von Gewalttätigkeiten in Familien aber dringend geboten.

Die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Maria Spieker, bislang übrigens die einzige Abgeordnete, die sich im Verein sehen ließ, sieht noch viel mehr Schwachstellen. „Grundsätzlich fehlt im Umgang mit häuslicher Gewalt, die sich ja meistens gegen Frauen richtet, in Bremen das Konzept.“ Durch die Antworten der Innenbehörde auf eine Große Anfrage der Grünen, die heute in der Bürgerschaft diskutiert wird, sieht sie sich bestätigt. Statt mit konkreten Zahlen habe der Innensenator mit „unglaublich viel Wischiwaschi“ geantwortet. „Kein Mensch weiß offenbar genau, wieviele Fälle von häuslicher Gewalt es in Bremen gibt.“ In der Antwort auf die Anfrage heißt es lediglich, die zuständigen Dezernate der Staatsanwaltschaft bearbeiten rund 800 Fälle, darunter auch solche von häuslicher Gewalt.

„Es ist doch schon bemerkenswert, wenn man in Bremen eine Sonderkommission gegen Graffit-Maler zustande bringt, aber keinen Runden Tisch, an dem sich alle treffen, um ein Konzept für den Umgang mit häuslicher Gewalt zu entwickeln“, rügt Spieker. Während Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin und Bundesfamilienministerin Christine Bergmann am Aktionsplan gegen Gewalt arbeiten würden, „geht an Bremen das europäische Aktionsjahr gegen Gewalt gegen Frauen spurlos vorbei “. ede