Bekannte Slogans, keine Inhalte

■ Nach konkreten Vorstellungen, was in der Lokalpolitik anders laufen sollte, sucht man bei der DVU und der NPD vergebens

Sonja Hansen* hat gestern Post bekommen. Ein unscheinbarer grüner Brief mit der Aufschrift „Wichtige Unterlagen zu dem Wahlen am 6. Juni 1999.“ Oben rechts der Schriftzug „Wahlbüro Bremen“, einem Stempeldruck nachempfunden. Doch der Umschlag beinhaltet keine Informationen des Wahlamtes, sondern Wahlunterlagen der Deutschen Volksunion (DVU).

Schon vor zwei Wochen hat Sonja Wahlpropaganda der DVU erhalten – persönlich adresssiert, persönliche Anrede. Das braune Gedankengut will sie eigentlich nicht im Briefkasten haben. Doch verschicken darf die rechte Partei Wahlunterlagen an alle Menschen, die nicht bereits vor acht Monaten oder bei ihrer Wohnungsanmeldung Protest gegen Wahlwerbung angemeldet haben. Vom Meldeamt können sich die Parteien die Adressen gegen Entgeld besorgen, aufgeschlüsselt nach dem Alter der Angeschriebenen. So werden vor allem die Jungwähler herausgepickt.

In dem Brief findet sich neben allerlei Werbematerial auch das aktuelle Wahlprogramm der DVU. Doch wer hier nach konkreten Visionen für Bremen und Bremerhaven sucht, wird bitter entäuscht. Abgesehen von den zwei Sätzen: „Warum DVU wählen? Weil Bremen und Bremerhaven deutsch bleiben sollen“ ist kein weiterer Hinweis zu finden, was die rechte Partei für lokalpolitische Forderungen erheben würde, falls sie in die Bürgerschaft einzöge.

Etwas mehr Aufschluß über die Bremen-Visionen der DVU bietet ein Papier, das die Partei auf Anfrage verschickt. Doch auch hier taucht das Wort „Bremen“ auf fünf Seiten nur dreimal auf: „Bremen und Bremerhaven sollen zu Zentren für maritime Zukunftstechnologie werden“; „Jugendarbeitslosigkeit durch Schaffung eines Bremischen Freiwilligen Arbeitsdienstes beseitigen“ und „Eingesparte Mittel (aus Parlamentsverkleinerung und Abbau der Parteienfinanzierung) für Bremer und Bremerhavener in Not einsetzen“.

Falls die DVU über fünf Prozent kommt, will sie sich zudem dafür einsetzen, daß alle Senatoren vor Amtsantritt ein Praktikum absolvieren müssen: Der Justizsenator soll Dienst in einer Justizvollzugsanstalt leisten, der Innensenator ohne besonderen Schutz in einem „kriminalitätsbelasteten Stadtteil“ wohnen. Außerdem sollen „Volksanträge“ erleichtert werden, das Petitionsrecht ausgebaut und die Rundfunkräte direkt vom Volk gewählt werden. Doch das war's.

Auch die NPD hat neben aktionistischen Aufmärschen in Bremen keine lokalpolitischen Anliegen zu bieten. Die Worte „Bremen“ und „Bremerhaven“ tauchen nur in der Überschrift des einseitigen Programms für die Bürgerschaftswahl auf. Einleitend heißt es lediglich: „Landespolitk muß von der Geschichte und den gewachsenen Strukturen unseres Landes ausgehen, Kultur und Tradition sind zu achten und würdig fortzusetzen.“

Daß auch die NPD „Arbeit zuerst für Deutsche“ fordert, verwundert ebensowenig wie das Plädoyer für die Wiedereinführung der Todesstrafe. Als konkrete lokalpolitische Visionen lassen sich mit etwas gutem Willen gerade einmal die „Auflösung des Staats- und Verfassungsschutzes“ oder die vorrangige Vergabe von Sozialwohnungen an Deutsche interpretieren. Außerdem wünscht sich die NPD eine „Förderung der Tatkraft in unserem Lande anstelle der Förderung der Ansiedlung von internationalen Großkonzernen.“

Daß die NPD/DVU-Wahlprogramme für Bremen reichlich dünn sind, findet übrigens auch ein hoher Funktionär der konkurrierenden Republikaner, der nicht namentlich genannt werden möchte. Da die Reps nicht zur Bürgerschaftswahl antreten, verzichtete die Partei allerdings selber gänzlich darauf, eine Zeile über Bremen zu Papier zu bringen. Christoph Dowe *Name erfunden