Ärger um die Gesundheitsreform

Rot-Grün will höhere Krankenkassenbeiträge verhindern. Geplant sind Einsparungen vor allem im Klinikbereich. Krankenhausträger drohen mit einem Gang vor das Bundesverfassungsgericht  ■   Von Tina Stadlmayer

Berlin (taz) – Die Gesundheitspolitiker der rot-grünen Koalition haben sich darauf geeinigt, daß die Krankenkassen in Zukunft nicht mehr Geld ausgeben dürfen, als sie gemeinsam erwirtschaften. Zur Zeit beträgt dieses Globalbudget 250 Milliarden Mark. Nach den Plänen der Koalition sollen die Kassen von 2008 an die Krankenhäuser alleine finanzieren. Bislang bezahlten die Länder Investitionen der Kliniken. Durch Einsparungen imGesundheitswesen sollen die Mehrausgaben der Krankenkassen wieder eingespart werden. Eine Erhöhung der Beiträge soll es nicht geben.

Im Jahr 2003 wird nach den Plänen der Koalition im Rahmen der Gesundheitsreform eine wichtige Neuregelung in Kraft treten: Die Kassen sollen unwirtschaftlichen Kliniken oder Abteilungen Verträge verweigern können. Dies wird dazu führen, daß Personal entlassen und einzelne Abteilungen oder auch ganze Krankenhäuser geschlossen werden. Die Vertreter der Spitzenverbände der Krankenkassen begrüßen diesen Teil der Gesundheitsreform. Ein Sprecher der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) sagte, es gebe in bestimmten Städten eine Überversorgung an Kliniken. Die Reform bedeute aber nicht, daß alle kleinen Häuser zumachen müßten.

Die Kassen gehen davon aus, daß die Pläne der Koalition neue Möglichkeiten für Einsparungen eröffnen. Der geplante Ausbau der ambulanten Versorgung werde dazu führen, daß Krankenhausbetten abgebaut werden können. Auch werde es in Zukunft weniger Doppeluntersuchungen geben.

Ganz anders reagierten die Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), in der die Krankenhausträger organisiert sind. Das Globalbudget lasse den „medizinischen Fortschritt und die wachsende Lebenserwartung außer acht“. DKG-Präsident Wolfgang Pföhler sagte: „Wer jährlich Milliardenbeträge aus dem System herauspressen will, treibt die Krankenhäuser in den finanziellen Ruin.“ Er kündigte an, sein Verband werde vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, sollte die Regierung wie geplant den Kassen die Möglichkeit geben, einzelnen Kliniken Verträge zu verweigern.

Auch der scheidende Präsident der Bundesärztekammer, Vilmar, haute am Mittwoch wieder auf den Putz. Er wiederholte seinen Vorwurf, die geplante Ausgabenbegrenzung werde letztendlich zum „sozialverträglichen Frühableben“ von Kassenpatienten führen,für den er sich schon einmal entschuldigen mußte, und sprach von „Humanexperimenten“ der Koalition. Sein Stellvertreter Hoppe kündigte ein „gemeinsames Aktionsbündnis“ aller Heilberufe gegen die Bonner Pläne an.