Viele Worte um die Musikstadt Bremen

■ Die Bremer CDU will die Hansestadt zur Metropole dirigieren und erntet viele peinliche Zwischentöne

„Am Geld soll's nicht scheitern“, sagte Finanzsenator Hartmut Perschau anläßlich seiner etwas lang geratenen Begrüßung zur Podiumsdiskussion der CDU, auf der der Frage „Wieviel Musik braucht Bremen?“ nachgegangen werden sollte. Die Podiumsdiskussion leitete Elisabeth Motschmann, die keinen Hehl daraus macht, daß sie – als kulturpolitische Sprecherin ihrer Partei! – zeitgenössische Musik „nicht schön“ findet. Aber es gibt ja noch viele andere Fragen in bezug auf die Musik, und die brachten gut sortiert und gut begründet nicht nur CDU-Mitglieder zur Sprache. Mit einer Wahlveranstaltung hatte das wenig zu tun, auch wenn es eine war, abgesehen davon, daß die CDU sich recht pauschal für die Beseitigung aller Mißstände einsetzen will und die Kulturdeputierte Siegrid Koestermann reichlich schlicht sagen durfte, daß mit Musik ohne Worte kommuniziert werden könne – Donnerwetter! – und daß wir „so viel Musik wie möglich“ brauchen.

Aber mehr noch: die CDU will als „Metropole Glanz entwickeln“ (Perschau) und zwar mit Musik. Wie das aber geschehen soll ohne erheblich mehr Geld und ohne erkennbares Konzept, steht in den Sternen. Da kann sich ein Heiner Buhlmann – Leiter der Musikschule – noch so flammend und zu Recht darüber beschweren, daß ihm alle Gelder für Reisen seines attraktiven Jugendorchesters fehlen und seine Lehrkräfte inzwischen nur noch für Honorar arbeiten, da kann auf der anderen Seite ein Eberhard Kulenkampff wieder einmal seine Vision des gläsernen Konzertraumes „Musicon“ plazieren. Diese beiden Beiträge kamen aus dem überraschend zahlreich erschienenen Publikum.

Auf dem Podium saß die Geschäftsführerin der Glocke und des Musikfestes Ilona Schmiel: „Die Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern auch die Inhalte, und das müssen wir nutzen“. Albert Schmitt von der Deutschen Kammerphilharmonie verlangte von der Politik die Mittel für ein Marketing-Konzept, ohne dieses könne man die Idee, „Musikstadt“ zu werden, vergessen. Barbara Grobien vom Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft, die eine Eigenleistung im Wert von immerhin einer Viertelmillion Mark einbringt, bestand auf der seit über zehn Jahren versprochenen Besetzung der zwölf vakanten Stellen des Staatsorchesters. Der Konkurrenz mit den zahlreichen hochqualifizierten Gastorchestern könne sich das Staatsorchester, das zudem im Unterschied zum horrend teuren Musikfest zivile Preise halten will, nicht stellen. Darüber hinaus wollte sie die Ausgangsfrage umgewandelt haben in „Wieviel Musik können wir uns leisten?“.

Joshard Daus vom Musikforum der Hochschule Bremen brachte Grundsätzliches auf den Punkt: „Wir brauchen eine Reform, die eine staatliche Grundversorgung mit wirtschaftlichem Denken verbindet“, sagte er. Die Diskussion, in der auch noch Radio Bremen und die Popularmusik gestreift wurden, legte eimal mehr klar, wie Dinge, die nicht direkt miteinander zu tun haben, doch unlösbar miteinander verzahnt sind. Wenn von einer „Metropole“ die Rede ist und Kulenkampff allen Ernstes meint, Bremen und das Musicon könnten ein „Signal für die Welt“ werden, so ist damit noch keine Antwort gegeben auf fehlende schulische Musikstunden. Und auch der große alte der bremischen Musikszene, der Jurist Rudolf Blaum als ehemaliger Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft, meinte, „Musikstadt“ bliebe so lange eine Worthülse, so lange das Versagen in den bremischen Schulen so einmalig ist: „Ich habe fünfzehn Enkel, und es ist nur peinlich, was die Bremer aus ihrem Unterricht erzählen.“ Perschaus Worte in Gottes Ohr: „Am Geld soll's nicht scheitern.“

Ute Schalz-Laurenze