Krieg und Liebe vermasseln den Aufstieg

■ Tennis Borussia scheitert an menschlichen Problemen im Multikulti-Team

Winfried Schäfer wird noch zum Top-Pazifisten der Republik. „Dieser verdammte Krieg im Kosovo“, schimpft der Fußballtrainer von Tennis Borussia, dem der Nato-Angriff auf Jugoslawien einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen droht. Seine Mannschaft, die sich aus zahlreichen Akteuren aus der früheren Volksrepublik zusammensetzt, kommt vor dem wegweisenden Spiel am Montag gegen Unterhaching einfach nicht zur Ruhe.

Vor allem Torwart Goran Curko und Libero Dejan Raickovic sind mit Gedanken nicht so recht bei der Sache, seitdem in ihrer Heimat Bomben fallen. „Es ist schlimm, wenn unschuldige Menschen bombardiert werden“, so der Serbe Curko, dessen Mutter im Kriegsgebiet von Novi Sad wohnt. Aus Protest ließ sich der glatzköpfige Hüne eine Zielscheibe auf den Hinterkopf malen, wie sie auch Demonstranten in seiner Heimat vor sich her tragen. Ähnlich angegriffen wirkt der Montenegriner Raickovic, der um seine Familie in der Hauptstadt Podgorica bangt. „Das geht ganz schön an die Nerven“, gesteht der austrainierte Athlet, der bei dem Streß sogar an Gewicht verloren hat.

„Mission impossible“ nennen Anhänger von TeBe inzwischen Schäfers verzweifelten Versuch, den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Dessen erste verbale Reaktion auf die vertrackte Lage, nächste Saison vor allem auf deutsche Spieler zu setzen, weil sich ein Vielvölker-Team schlecht unter einen Hut bringen lasse, brachte auch noch die bei TeBe zahlreich vertretene türkische Fußballgemeinde gegen ihn auf. „Wenn man uns nicht mehr will, soll man es sagen“, zürnt Spielerberater Ibrahim Bayram, der drei Landsleute im Borussen-Kader betreut.

Als ob der Mikrokosmos TeBe an der explosiven weltpolitischen Lage nicht schon genug zu knabbern hätte, lähmt ein Liebeskonflikt den Teamgeist der Borussen. Torschützenkönig Kreso Kovacec spannte ausgerechnet seinem besten Freund, Spielmacher Francisco Copado, deren „blindes Verständnis“ auf dem Rasen lange Zeit Garant des Erfolges war, die Gattin aus. „Sie sind sich jetzt spinnefeind, reden kein Wort mehr miteinander“, erzählt ein Mitspieler. Der Trainer ist ratlos, wie er das Drama entschärfen soll. „Weder als Spieler noch als Trainer habe ich bisher eine solche Situation erlebt“, erklärt Schäfer, der vor 30 Jahren als Spieler bei Kickers Offenbach ins Profigeschäft einstieg.

„Einige Spieler sind dem Druck nicht gewachsen“, befürchtet der Fußballehrer. Denn die Erwartungen der Vereinsführung sind immens, spätestens im Jahr 2000 will TeBe in Deutschland erstklassig sein. Bis 2005 ist die Teilnahme am Europapokal avisiert. „Wir haben im Umfeld die Voraussetzungen geschaffen, mit dem Druck muß die Mannschaft fertig werden“, meint Aufsichtsrat Jürgen Rinnewitz lapidar, einer der Hauptbetreiber des ebenso ehrgeizigen wie kostspieligen Unternehmens TeBe.

Wahrlich keine guten Voraussetzungen für das „Endspiel“ gegen Unterhaching, den idyllischen Dorfclub vor den Toren Münchens, der bei einem Sieg im Mommsenstadion den Aufstieg in die 1. Liga bereits vollziehen könnte. Einiges deutet daraufhin, daß Borussia selbst nicht mehr an seine Chance glaubt. Zwar hat man für die kommende Spielzeit mit Sergej Kirjakow bereits einen namhaften Stürmer vom Hamburger SV verpflichtet, aber der bis 2002 befristete Vertrag des Russen gilt auch für die 2. Liga.

Jürgen Schulz

„Weder als Spieler noch als Trainer habe ich bisher eine solche Situation erlebt“, erklärt TeBe-Trainer Schäfer