Koalition deutlich über 50 Prozent

■  Emnid-Umfrage sieht weiter schlechte Chancen für Rot-Grün. Regierungsumzug sorgt für gute Stimmung in der Stadt. Mehrheit für Sparpolitik nach dem Sankt-Florians-Prinzip

Die Große Koalition hat gute Chancen, bei den Wahlen im Herbst wieder eine Zweidrittelmehrheit zu erobern. Würde jetzt gewählt, erhielten CDU und SPD zusammen 67 Prozent der Wählerstimmen. Das ergab eine Emnid-Umfrage im Auftrag des Senats, die Senatssprecher Michael-Andreas Butz gestern vorstellte. 1995 hatten die sogenannten Volksparteien nur 61 Prozent der Stimmen erhalten, in Umfragen waren sie zuletzt auf 58 Prozent abgerutscht.

Für Rot-Grün dagegen sieht es weniger gut aus. Zwar konnten sich die Sozialdemokraten wieder auf 31 Prozent verbessern, aber für die Bündnisgrünen votierten nur noch 10 Prozent der Befragten. Die CDU konnte bei der „Sonntagsfrage“ mit 36 Prozent fast wieder ihr Ergebnis von 1995 erreichen, die PDS kam auf 13 Prozent. FDP und Republikaner liegen bei jeweils drei Prozent. Die SPD ist als einzige Partei in Ost und West gleich stark. CDU und Grüne holen die meisten Stimmen im Westen, wo die PDS mit zwei Prozent kaum Fuß fassen kann.

Die Senatsumfrage zeigt aber auch, daß das Stimmungshoch der CDU und die leichte Erholung der SPD nicht auf eigenen Verdiensten beruhen. Denn daß die BerlinerInnen wieder optimistischer in die Zukunft blicken, liegt nach den Erkenntnissen von Emnid vor allem am Umzug von Regierung und Bundestag. Von ihm erhoffen sich 78 Prozent der 1.202 Befragten „eine günstige Auswirkung für die Entwicklung der Stadt zu einer internationalen Metropole“. Auf eine „Stärkung der Wirtschaftskraft“ spekulieren 70 Prozent, ein höheres Arbeitsplatzangebot erwarten 58 Prozent. Ebenso viele BerlinerInnen fürchten aber zunehmende Verkehrsprobleme, und zwei Drittel rechnen aufgrund des Regierungsumzugs mit höheren Mieten. Zudem glauben noch immer 52 Prozent der Westberliner, die Lebensqualität habe sich seit dem Mauerfall verschlechtert.

Bei der Sanierung des Haushalts setzt die Mehrheit auf das Sankt-Florians-Prinzip. Zwar würden nur fünf Prozent von ihnen eine höhere Neuverschuldung begrüßen, doch in der Rangliste der Themen rangiert die Sparsamkeit erst an siebter Stelle – und die meisten möchten die Folgen der knappen Kassen nicht selbst tragen. So glauben 67 Prozent, Busse und Bahnen müßten billiger werden. 59 Prozent meinen, bei einem Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften müßten die Mieter um ihre vier Wände fürchten.

In einem Punkt aber stärken die Befragten der Koalition eindeutig den Rücken: Die Initiative für länger Öffnungszeiten begrüßen zwei Drittel von ihnen, bei den Anhängern der Grünen sind es sogar 80 Prozent. Ralph Bollmann