„Ein anspruchsvolles Arbeitsprogramm“

■ Tourismus war erstmals Thema auf der CSD-Konferenz. Ein Gespräch mit dem Leiter des Referats Tourismus im Umweltministerium

taz: Sind Sie zufrieden mit den Ergebnissen der CSD-Konferenz in New York?

Karl Georg Tempel: Ja. Es wurde ein anspruchsvolles Arbeitsprogramm beschlossen, ein erstes Arbeitsprogramm über nachhaltigen Tourismus auf der globalen Ebene.

Auch ein Erfolg Ihres Ressorts?

Sicher. Die Berliner Konferenz im März 97 zum Thema Tourismus und biologische Vielfalt hatte als Ergebnis zwei Zielrichtungen: Zum einen, daß der Tourismus im Rahmen der weiteren Umsetzung der Agenda 21 berücksichtigt werden muß. Die zweite Forderung war, eine Initiative zu starten zu dem Aspekt Bedrohung biologischer Vielfalt durch die globale Tourismusentwicklung mit Blick auf die Biodiversitätskonvention. Beide Ziele sind erreicht.

Papiere, Papiere – wie bindend sind diese?

Die Agenda 21 ist ein Handlungsprogramm, keine Konvention. Sie hat keinen völkerrechtlichen Charakter. Es sind überwiegend freiwillige Maßnahmen, die die Staaten zu treffen haben. Aber mit einer großen moralischen Verbindlichkeit. Deshalb ist es wichtig, Tourismusfragen auch im Rahmen der Biodiversitätskonvention zu behandeln, weil hier bindende Regelungen möglich sind.

Eine weitere Welthandelsliberaliserung steht an. Sie soll vor allem den Dienstleistungssektor betreffen. Wie kann sich unter einem solchen Primat der Ökonomie Nachhaltigkeit im Tourismus durchsetzen?

Die Entwicklungsländer partizipieren zunehmend am Tourismusgeschäft. Ihr Anteil am internationalen Tourismusmarkt wuchs von 10 Prozent im Jahr 1970 auf über 30 Prozent heute. Touristen haben im Jahr 1997 weltweit 443 Milliarden Dollar ausgegeben. Viele Dritte-Welt-Länder wollen dieses Geschäft um jeden Preis. Es ist daher sehr schwierig, Dritte-Welt-Staaten davon zu überzeugen, daß sie sich dieses Geschäft nur erhalten, wenn sie auf Qualität setzen, das heißt auf einen Tourismus, der ökologisch, sozial und kulturell verträglich ist.

Gute Absichten der saturierten Industrieländer?

Sicherlich auch. Aber es geht in diesem Kontext auch darum, die lokale Bevölkerung, die lokale Ökonomie in den Zielländern am Tourismusgeschäft teilhaben zu lassen. So steht es auch in dem Papier der CSD.

Also, müßte man alle All-inclusive-Anlagen verbieten?

All-inclusive-Anlagen, die die lokale Bevölkerung von der Teilhabe ausschließen, sind mit den Forderungen des CSD-Programms nicht vereinbar.

Welche Instrumente zur Anwendung des Verursacherprinzips und zur Regulierung der Märkte wurden diskutiert ?

Dies war ein hochumstrittener Punkt. Im Rahmenwerk steht nun: Die Regierungen sind aufgefordert, ein „angemessenes, institutionelles, ökonomisches, soziales und gesetzliches Regelwerk“ zu entwickeln und geeignete Instrumente einzusetzen, darunter auch ökonomische Instrumente wie Steuern, um Nachhaltigkeit durchzusetzen.

Wurde die Kerosinbesteuerung angesprochen?

Nicht direkt. Wir wollen das. Aber es gibt derzeit in der EU noch nicht die notwendige Mehrheit. Auch bei der CSD wäre eine solche Forderung nicht mehrheitsfähig gewesen.

Interview: Edith Kresta