Die Pleite mit den Schuldnern

22 frisch ausgebildete InsolvenzberaterInnen könnten den Engpaß in der Schuldnerberatung lindern. Doch sie finden keine Stellen  ■ Von Judith Weber

Ihr Beruf ist so gefragt wie kaum ein anderer in Hamburg. 50.000 bis 70.000 Haushalte in der Hansestadt sind hoch verschuldet; nur mit Hilfe von unabhängigen BeraterInnen können sie vor Gericht Konkurs anmelden und ihre Gläubiger abschütteln. In einem bundesweit einmaligen Pilotprojekt haben das Hamburger Arbeitsamt und die Grone Schule deshalb InsolvezberaterInnen ausgebildet. Doch die meisten der 22 Frauen und Männer, die Ende des Monats ihren Lehrgang abschließen, werden keinen Job finden. Der Stadt fehlt das Geld, um sie zu bezahlen.

„Die wenigen Beraterstellen in den Bezirksämtern sind schon besetzt, meist mit Mitarbeitern aus der Behörde“, ärgert sich die angehende Insolvenzberaterin Ute Dyballa. „Es ist absolut notwendig, daß dieser Beratungsengpaß beseitigt wird.“ Tatsächlich reichen die insgesamt 31,5 Jobs, die die Sozialbehörde finanziert, hinten und vorne nicht. SchuldnerInnen müssen oft mehrere Monate lang auf einen Termin warten. Auch die Beratungsstellen bei der Verbraucherzentrale oder der Diakonie sind gnadenlos überlaufen (taz berichtete mehrfach); ihnen fehlt ebenfalls das Geld für mehr MitarbeiterInnen. Wer aber kein Beratungsgespräch geführt hat, darf auch nicht vor dem Insolvenzgericht Konkurs anmelden.

Die Sozialbehörde weiß um diese Probleme. Dennoch „wird es in nächster Zeit keine weiteren Stellen geben“, stellt Sprecherin Petra Bäurle klar. Erstens müsse der genaue Bedarf noch ermittelt werden; die Behörde arbeite derzeit an einer Evaluation. Zweitens, so Bäurle, seien die immensen Wartezeiten dem „ersten Ansturm“ nach Inkrafttreten des Insolvenzrechts im Januar zu verdanken. „Wir gehen davon aus, daß sich das legt.“

Den 22 frisch ausgebildeten BeraterInnen bleibt nur der Versuch, sich selbstständig zu machen und auf eigene Faust ihre Dienste anzubieten. „Dann“, erklärt Bäurle, „müßten sie allerdings Honorar verlangen“. Und das können viele der überschuldeten KundInnen wohl kaum aufbringen.

Bei erwerbslosen SchuldnerInnen würde möglicherweise das Arbeitsamt für die Beratung aufkommen, hofft Klaus Koch vom Hamburger Arbeitsamt. Schließlich „stellen wir immer wieder fest, daß Schulden ein großes Handicap bei der Jobvermittlung sind“. Koch hofft zudem, daß einige InsolvenzberaterInnen bei Vereinen oder Einrichtungen unterkommen, die Erwerbslose betreuen. Qualifiziert dafür wären sie: Das Arbeitsamt hat hauptsächlich SozialpädagogInnen zu InsolvenzberaterInnen fortgebildet.

Trotzdem werden die 22 neuen BeraterInnen erstmal die letzten sein. Einen zweiten Lehrgang gibt es in absehbarer Zeit nicht, erklärt Koch: „Wir müssen erst schauen, was aus den Leuten wird.“