Grüne wollen Schreyer nominieren

■  Führende Grünen-Politiker empfehlen die Berliner Fraktionschefin als deutsche EU-Kommissarin. SPD signalisiert Zustimmung zur Nominierung der Wirtschaftsfachfrau

Berlin (AFP) – Die Grünen wollen offenbar die frühere Berliner Umweltsenatorin Michaele Schreyer als EU-Kommissarin nominieren. Für die 47jährige sprachen sich am Wochenende mehrere prominente Vertreter der Partei aus, unter ihnen Bundesaußenminister Joschka Fischer. Schreyer sei „eine hervorragende Kandidatin für Brüssel“, sagte Fischer.

Auch Parteichefin Antje Radkke, Bundestagsfraktionschefin Kerstin Müller und die Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahlen, Heide Rühle, plädierten für Schreyer. Allein Bundesumweltminister Jürgen Trittin, dem selbst Ambitionen auf das Amt nachgesagt worden waren, gab sich reserviert. Er warnte davor, noch vor der Verteilung der Ressorts in der Europäischen Kommission Personalentscheidungen zu treffen.

Fischer verwies im Berliner Tagesspiegel darauf, daß die Entscheidung über die Grünen-Kandidatin beim Parteivorstand liege, dem er nicht angehört. Angesichts des Einflusses des Außenministers und der anderen Schreyer-Unterstützer in der Partei konnte jedoch davon ausgegangen werden, daß sich die Berliner Fraktionschefin der Grünen durchgesetzt hat. Müller lobte im selben Blatt, Schreyer sei eine „gute Kandidatin über Parteigrenzen hinweg“ und als „Fachfrau“ für Wirtschaft und Finanzen anerkannt. Mit ihr hätten die Grünen „ein Angebot gemacht, das der Koalitionspartner nicht ablehnen kann“. Radcke lobte Schreyer als „Spitzenfrau“. Aus sozialdemokratischen Regierungskreisen hieß es, Kanzler Gerhard Schröder werde dem Personalvorschlag wohl zustimmen.

Rühle sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, sie könne sich Schreyer als EU-Kommissarin „sehr gut“ vorstellen. Die Grünen hätten aber noch weitere „gute Frauen“.

Schreyer ist eine anerkannte Finanzexpertin, 1989 wurde sie für 20 Monate Umweltsenatorin im rot-grünen Senat des damaligen Regierenden Bürgermeisters Walter Momper (SPD). Die 47jährige galt schon seit einigen Tagen als Favoritin der Grünen.

Neben ihr wurden als Kandidatinnen auch noch die Europaabgeordnete Edith Müller und Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer gehandelt. Gegen Vollmer soll aber Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sein Veto eingelegt haben, Müller ist innerparteilich umstritten.

Die rot-grüne Koalition will über die Nominierung offiziell erst nach der Europawahl am 13. Juni entscheiden.