Mehr Soldaten, mehr Flüchtlinge

■ Erneut 20.000 Kosovaren vertrieben

Berlin (taz) – Zwei Monate nach Beginn der Nato-Luftschläge gegen Jugoslawien wird deutlich, daß dieser bis heute nicht offiziell erklärte Krieg noch länger andauern und wahrscheinlich auch weiter eskalieren wird, wenn es nicht zu einer baldigen Verhandlungslösung kommt. Das derzeit militärisch optimistischste Szenario geht davon aus, daß Miloevic' Truppen durch weiter verstärkte Luftangriffe in zwei Monaten geschlagen und aus dem Kosovo vertrieben werden können. Dies glaubt der Kommandeur der Nato-Luftstreitmacht, Generalleutnant Michael Short. Er hätte es allerdings vorgezogen, wenn schon von der ersten Nacht an das Zentrum Belgrads angegriffen worden wäre, sagte Short der Washington Post.

Doch die meisten Militärs sind nicht davon überzeugt, daß die militärischen Ziele des Krieges ohne den Einsatz von Bodenkampftruppen erreicht werden können. Eine Entscheidung darüber müsse „in den nächsten zwei bis drei Wochen“ fallen, sagte ein ungenannter Nato-Diplomat der New York Times. Andernfalls könne der Kosovo-Krieg nicht mehr vor Wintereinbruch beendet werden. Dies hätte Konsequenzen vor allem für die Unterbringung der Kosovo-Flüchtlinge in den Lagern in Makedonien und Albanien.

Die bislang geplante Kosovo-Friedenstruppe von 28.000 Mann soll deshalb möglichst rasch auf 50.000 Mann aufgestockt werden. Laut Nato-Oberbefehlshaber Wesley Clark soll die Streitmacht so bewaffnet werden, daß sie auch für Kampfeinsätze im Kosovo eingesetzt werden kann. Ihre ursprüngliche Aufgabe war lediglich, im Falle einer diplomatischen Einigung die Rückkehr der Flüchtlinge in das Kosovo abzusichern. Bislang sind 800.000 Kosovo-Albaner aus ihrer Heimat vertrieben worden. Die deutlich sichtbaren Spuren dieser Vertreibungskampagne hätten ihn schockiert, sagte Sergio Vieira de Mello, der Leiter einer UN-Delegation, die in den vergangenen Tagen das Kosovo besuchen konnte.

Das UNHCR erwartete gestern weitere 7.000 Kosovo-Flüchtlinge an der makedonische Grenze bei Blace. Seit Samstag sind insgesamt 20.000 Menschen aus dem Kosovo geflohen. Weitere Flüchtlinge kamen in Albanien an, darunter 523 Männer, die wochenlang von serbischen Einheiten festgehalten und schwer mißhandelt worden waren.

Die Nato versucht inzwischen, die Strom- und Wasserversorgung in Restjugoslawien zu zerstören und nicht nur mit Graphitbomben zu unterbrechen. 15 Bomben schlugen in den Pumpstationen bei Sremska Mitrovica ein, zwei Bomben trafen das Kraftwerk Kostolac 30 Kilometer östlich von Belgrad. Stefan Schaaf