Sucht und ihre Folgen

■ Suchttherapietage: Kongreß beleuchtet Folgeerkrankungen und Suchthilfe

Immer mehr Alkohol- und Drogenabhängige leiden zusätzlich unter schweren Erkrankungen wie Angstpsychosen, Hepatitis C und Aids. Diese Mehrfacherkrankungen stellen neue Anforderungen an Konzepte für die Suchthilfe. Das erklärte gestern Professor Michael Krausz, stellvertretender ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE), zu Beginn der 4. Suchttherapietage in Hamburg.

An der viertägigen Fachtagung nehmen Ärzte, Psychiater, Psychologen, Pädagogen, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Juristen und Pflegekräfte aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden teil. Im Mittelpunkt der Seminare und Diskussionen steht neben der Behandlung von Mehrfacherkrankungen als Folge einer Sucht auch die Auseinandersetzung um die ärztliche Verschreibung von Heroin. Dabei sollen die Ergebnisse des schweizerischen Heroinprojekts und erste Erfahrungen aus den Niederlanden vorgestellt werden.

Vor allem wolle der Kongreß, der unter anderem vom UKE, der Uni Hamburg und dem Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) organisiert wird, die Funktion und Perspektive der europäischen Suchtforschung beleuchten, erklärte Krausz. Zwar habe es in den vergangenen Jahren viele Verbesserungen bei der Versorgung und Behandlung Drogenabhängiger gegeben. Dazu zählten auch Projekte zur ärztlichen Heroinverschreibung. Gerade die Sucht- und Drogenforschung habe viele dieser Veränderungen angestoßen und politische und rechtliche Reformen angeregt. Von der Politik würden jedoch wissenschaftliche Erkenntnisse häufig noch ignoriert oder zumindest nicht in politische Konzepte umgesetzt, kritisierte Krausz.

Gleichzeitig kündigte Krausz die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin im Rahmen der Fachtagung an. Die neue Gesellschaft, in der Ärzte und Wissenschaftler aus der Suchtforschung zusammenarbeiten wollen, habe sich das Ziel gesetzt, Standards für die Qualifikation und Weiterbildung zu erarbeiten und Gesetzesinitiativen „positiv“ zu begleiten. dpa