Polen und Deutsche

■ Hamburger „Polentage“ wollen Vorurteile auf beiden Seiten abbauen

Was ein „Heimwehtourist“ ist, weiß in Polen jeder: ein Deutscher, der 1945 aus den damaligen deutschen Ostgebieten floh und heute aus Nostalgie dort Urlaub macht – in Polen. Ansonsten interessieren sich nicht viele Deutsche für ihr östliches Nachbarland, weiß Lerke Scholing, Geschäftsführerin des Vereins „Die Neue Gesellschaft“. Ihr Verein lädt ab heute zu zahlreichen Veranstaltungen unter dem Motto: „Polen und Deutsche begegnen sich in Hamburg“ ein.

Das tun sie zwar auch sonst – immerhin leben rund 80.000 PolInnen in der Hansestadt, sie stellen damit die drittgrößte ImmigrantInnengruppe. Dennoch hätten viele Deutsche immer noch Vorurteile, berichtet Scholing, etwa, daß in Polen so viel gestohlen würde: „Deswegen wollen wir die Leute schon in Hamburg neugierig machen auf das Land.“

Die Polentage, für die Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) und der Generalkonsul der Republik Polen, Mieczyslaw Sokolowski, die Schirmherrschaft übernommen haben, eröffnen heute mit einer Ausstellung in der Finanzbehörde. „...und immer noch sehe ich ihre Gesichter“ zeigt Alltags- und Portraitfotos – oft die letzten – von jüdischen PolInnen vor der Shoa. Im Juni gibt ein Theater aus Bedzin Gastspiele, polnische AutorInnen lesen aus ihren Werken.

Die Geschichtswerkstatt St. Georg und das Koordinationskomitee der polnischen Vereine in Hamburg laden zu einer Stadtrundfahrt zu den Stätten polnischer Kultur, und in den Räumen der Neuen Gesellschaft präsentiert eine Ausstellung Beispiele der berühmten polnischen Plakatkunst. Den Abschluß des Programms bildet am 14. Juni eine Podiumsdiskussion zu den Perspektiven der deutsch-polnischen Beziehungen, an der neben polnischen Politikerinnen auch die Präsidentin der Hamburger Bürgerschaft Ute Pape teilnimmt.

Spezielle Bilder vom anderen Land existieren übrigens auf beiden Seiten, betont Scholing. So hätten zum Beispiel PolInnen das Vorurteil, „daß die Deutschen nicht mehr von einer besseren Gesellschaft träumen, weil sie immer nur auf wirtschaftliche Faktoren achten“. hedi

Ein Programm kann unter Tel.: 44 75 25 angefordert werden.