„Wir sind gar keine Band“

■ Das isländische Kreativ-Kollektiv Gus Gus nutzt für seinen Elektro-Pop unterschiedliche Talente und Medien

Wenn Daniel Agust von Island erzählt, bekommt man den Eindruck, der Mann werde vom Fremdenverkehrsamt bezahlt: „Island ist ein fantastischer Ort. Das Klima dort und die Natur – das alles ist so extrem und so großartig!“ Der bleiche Jüngling mit dem kahlen Schädel ist allerdings keineswegs Fremdenführer, sondern Isand bekanntester männlicher Popstar sowie Sänger und Songwriter bei Gus Gus. Und als solcher ist er zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger als einer von neun isländischen Künstlern, die seit 1995 ein basisdemokratisches Kreativkollektiv bilden, das sie nach einem Zitat aus Fassbinders Angst essen Seele aufGus Gus getauft haben.

Zwei Alben haben Gus Gus in diesen vier Jahren produziert, ein Modelabel und eine Plattenfirma gegründet und sich außerdem als Remixer für Björk einen Namen gemacht. „Wir kennen Björk sehr gut. Sie wohnt direkt neben unserem Studio und hat mit einem Band-Mitglied eine Clubnacht in Reykjavík“, erzählt Gus Gus-Songwriter Siggi Kjartansson. Kjartansson ist eigentlich Videoregisseur. Auch die anderen Gus Gus-Mitglieder hatten ursprünglich nicht viel mit Musik zu tun: Ein Computerprogrammierer, ein Schauspieler, ein Fotograf und ein Politiker zählen ebenso zur Band wie ein DJ und zwei Sänger. Entsprechend vielseitig klingt auch die Musik der Gruppe: ein auf Techno und House basierender elektronischer Klangteppich, über den Daniel Agust und Hafidis Huld ihre eiskalten Stimmen hauchen. „Unsere unterschiedlichen Fähigkeiten spielen alle ihre eigene Rolle in der Gus Gus-Welt“, erklärt Agust. „Weil wir keine Band im herkömmlichen Sinne sind, können wir jeden möglichen Popaspekt abdecken.“

Polydistortion tauften sie das erste Ergebnis dieser produktiven Arbeitsteilung, das auf dem Londoner Indie-Label 4AD zum Kritikerfolg wurde. Der Nachfolger heißt This Is Normal und zumindest die Entstehungsgeschichte erscheint normaler als beim Vorgänger. „Beim ersten Mal war das Ganze eher ein Experiment“, erinnert sich Agust. Damals wollten Siggi Kjartansson und Stefan Arni eigentlich einen Kurzfilm drehen, doch weil das zu lange dauerte, wandelte man die aus Freunden zusammengestellte Filmcrew kurzerhand in eine Band um. Das neue Produkt dieses demokratischen Ringens klingt mehrheitsfähiger. „This is Normal wirkt eingängiger und poppiger“, sagt Agust. „Wir waren uns einfach viel mehr dessen bewußt, was wir taten und wie wir es taten.“

Kristina Maroldt mit Khan: Fr, 28. Mai, Grünspan, 20 Uhr