Digital zurück zum Körper

■ Intime Stellen: Claudia Liekams Ausstellung „Kostbarkeiten“ in der AfbK Galerie

Immer mehr zieht sich die Post aus dem prunkvollen Gebäude der Oberpostdirektion am Stephansplatz zurück und macht einer Kommunikation anderer Art Platz. Die alte Briefsortierhalle hat das „Architektur Centrum“ erobert, in vier ehemaligen Verwaltungszimmern rechts neben der Schalterhalle hat die Kunstvermittlerin Iris Simone Engelke Raum für eine dauerhafte Galerie gefunden. Die erste Einzelausstellung gilt der Hamburger Multimediakünstlerin Claudia Liekam und ihrer besonderen Sorte weiblichen High-Tech-Einsatzes. Winzige Videobilder flimmern aus barocken Bilderrahmen, und metergroße Triptychen hängen als Digitaldrucke an der Wand. In zarten Farben sind allerlei Schmetterlinge zu sehen. Doch die Naturnähe ist ein wenig anders, als es auf den ersten Blick scheint: Immer geht es Claudia Liekam um den Körper und meist um dessen sonst eher intimen Stellen. Mittels Computers gewinnt sie Sinnlichkeit da zurück, wo ohne die Bearbeitung die Grenze zur Pornographie nahe wäre. Aber auch so langt es noch zu mancher Empörung, wird denn erst einmal entdeckt, welch' biologischen Ursprungs die ansprechenden Farbformen sind.

Körperteile werden eingescannt und zur „Diavographie“ oder zum Video gemacht. Dabei wird eine Armbeuge zur Meereswelle, und hinter „Purpurbär“ und „Hermelinspinner“ verbergen sich weiter unten lokalisierte Teile von Mann und Frau. Liekam will die Abstraktionen des Cyberspace wieder zum menschlichen Körper zurückführen. Und es geht bei allem auch um die Suche nach aktuellen Bildern der Erotik, die sich mit derjenigen Sinnlichkeit messen können, mit der sich das Licht der Morgenröte zum nackten Fuß der Aurora gestaltet, was Philipp Otto Runge bei dem Bild in der Hamburger Kunsthalle vor 191 Jahren allein mittels Malerei erreichte.

Hajo Schiff

AfbK Galerie, Stepansplatz 3. „Claudia Liekam – Kostbarkeiten“: Fr, 12 – 20; Sa, 14 – 17 Uhr, noch bis 12. Juni