„Eine Frage der Einstellung“

Ex-Studenten gründen eine Firma – und sind fast rund um die Uhr im Büro  ■ Von Judith Weber

Die Katze sitzt vor dem Computer, wie sie es oft tut, seit sie umziehen mußte. Die Augen halb geschlossen flezt sich das Tier auf dem Drehstuhl. Müde. Ein Blick streift die Mouse neben dem Monitor. Langweilig. Aber was soll man anderes tun. „Es wäre nicht gut für Mauz gewesen, das ständige Hin und Her zwischen Wohnung und Arbeitsplatz“, sagt der Mann, zu dem die Katze gehört. Deshalb hat Ralf Eggert das Tier dorthin umgesiedelt, wo er die meiste Zeit verbringt, ins Büro.

Eggert und sein Kollege Jens Conrad sind die Menschen, auf die Hamburgs Wirtschaft setzt. Sie sind jung, sie haben studiert und sie besitzen ihre eigene Firma – eine Internet-Agentur, in deren Namen Gründerstolz mitschwingt. „ECNET Ralf Eggert & Jens Conrad GbR“ heißt das Unternehmen, und weil das zu lang ist, um knackig zu klingen, steht nur „ECNET“ am Briefkasten des ehemaligen Fabrikgebäudes in Wandsbek.

Eggert, Conrad und Mauz sitzen in der obersten Etage. Um sie herum steht die Technik, die nötig ist, um ein junges Multimediaunternehmen zum Laufen zu bringen: Computer, Kaffeemaschine, Herd und Tiefkühltruhe. Eine große Tiefkühltruhe. „Das ist unsere Kantine“, lacht Conrad. Der Eisschrank ist Rohstofflager für genießerische Kochpausen; mit seiner Hilfe lassen sich mitternächtliche Löcher im Magen stopfen.

Die gibt es öfter mal, wenn man fast rund um die Uhr arbeitet. Morgens gegen neun fangen die beiden Jungunternehmer an, das Ende ist offen. Vor allem kleine und mittelständische Betriebe nutzen die Dienste von ECNET. Sie lassen sich Webseiten erstellen und beim Gang ins Internet beraten. „Nahezu 24 Stunden am Tag“ ist die Agentur für sie erreichbar – auch wenn das bedeutet, daß Eggert und Conrad nachts nicht nach Hause fahren sondern die Klappbetten herausholen, die unter dem Stahlregal am Eingang stehen. Auf einem Tisch liegen Bücher von Stephen King und anderen.

Mit dem Streß haben beide gerechnet. Sie wollten ihn, schon als sie sich an der Nord-Akademie in Elmshorn kennenlernten, wo der eine Betriebswirtschaft, der andere Wirtschaftsinformatik studierte. „Das ist einfach eine Frage der Einstellung“, findet Jens Conrad. Wer beruflich auf die Beine kommen will, „muß eben strampeln – und hoffen, langfristig zu wachsen“. Eines Tages will er einen ruhigeren Tagesablauf haben, ein paar MitarbeiterInnen einstellen.

Das Büro ist ein Schritt dahin. Die ECNET-Gründer haben es erst vor kurzem bezogen; vorher arbeiteten sie von zu Hause aus. Auf die Dauer jedoch waren das kleine Appartment und das Zimmer im StudentInnenwohnheim als Firmenstandort inakzeptabel. „Da konnte man nicht mal Geschäftsbesuch empfangen“, erklärt Conrad, der als Betriebswirt für Marketing und Betreuung der KundInnen zuständig ist. Die neuen Räume sind wesentlich repräsentativer – schließlich haben die beiden Unternehmer sie in Nacht- und Wochenendarbeit zusammen mit vielen FreundInnen renoviert.