Jugendprogramm zu Lasten Jugendlicher?

■ Wegen Erfolgsdruck aus Bonn setzte das Bremer Arbeitsamt das rot-grüne Regierungs-Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit in Windeseile um: „Schnellschuß“ mit „Fehlplanung“

Es dauerte nur fünf Monate, da waren schon alle 15 Millionen Mark für das Bonner Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit in Bremen komplett verplant. „Das Versprechen ist eingelöst“, verkündet nun nach nur einem halben Jahr das Bremer Arbeitsamt – während Schulvertreter „Fehlplanungen“ bei „diesem Schnellschuß“ beklagen: Jugendlichen wurden Maßnahmen versprochen, die Monate später abgeblasen wurden. „Und das war kein Einzelfall“, bestätigen auch Beschäftigungsträger unter der Hand.

Denn offiziell will sich keiner der Träger äußern, die das Wahlversprechen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) für das Arbeitsamt in Bremen umsetzen. Schließlich hatten taz–Berichte im Januar auf höchster Ebene bei der Bundesanstalt für Arbeit und im Bundesarbeitsministerium für Aufregung gesorgt: Die taz hatte berichtet, daß Bremen wohl gar nicht genug Jugendliche zusammenbekommt. Die Antwort auf die Negativ-Story folgte prompt: Dem Vernehmen nach bekam Bremens Arbeitsamts-Direktor Christian Hawel höchstpersönlich Druck.

Die Folgen bekamen Jugendliche zu spüren: Das Arbeitsamt schrieb rasch über 3.000 Jugendliche an und leierte in Windeseile Maßnahmen an. „Das alles geschah völlig übereilt“, kritisiert jetzt Angela Feldhusen aus der Schulleitung der Allgemeinen Berufsschule in Walle. Sie hätte Jugendliche aus ihrer Schule extra freigestellt, um sie im Früjahr in Berufsmaßnahmen zu schicken. Doch die wurden dann abgesagt, weil plötzlich kein Geld mehr da war.

Aber auch die Programmqualität sei mangelhaft: Das meiste Geld sei in teure überbetriebliche Ausbildungen für Begabtere geflossen. Die „wahren Aussteiger“ hätte man völlig außen vor gelassen, kritisierten vergangene Woche auch die Bremer Grünen in der Bürgerschaft. Wegen der Eile sei der Rest des Geldes zudem nur in einjährige Berufsvorbereitungen und kurze Monatstrainings investiert worden – statt in Ruhe neue Qualifizierungsmaßnahmen zu entwickeln, die neue Jobchancen bieten (siehe Seite 22).

Doch Arbeitsamts-Direktor Hawel weist diese Manöverkritik zurück: „Paralellplanungen“ habe es wohl gegeben. Aber man sei eben ziemlich „unter Druck“ gewesen, entschuldigt er sich. Immerhin hätte man aber fast ein Drittel des Geldes in schulische Ausbildungsplätze gesteckt: „Und das spricht doch für Qualifizierung und Qualität“.

Trotzdem bohren Programmbeteiligte weiter: Über 3.000 Jugendliche wurden angeschrieben – und nur rund 800 davon mit Maßnahmen versorgt. „Wer kümmert sich um die Unversorgten und um Anschlußperspektiven für die Versorgten, die irgendwann fertig sind?“ hinterfragen sie das mit heißer Nadel gestrickte Einjahres-Programm.

Und auch hier ringt das Arbeitsamt um Antworten: Mit „so großer Nachfrage“ hätte man nicht gerechnet, sagt Programm-Koordinator Werner Ahrens. Die Unversorgten würden „anderswo“ untergebracht – und einige Versorgte könnten doch nach Vorbereitungsmaßnahmen schon im Herbst eine Lehrstelle finden. Oder in überbetriebliche Lehrplätze wechseln, die Bremen auch noch regulär anbietet. Außerdem hätte Bonn signalisiert, daß Teile weiterlaufen. Die Positiv-Bilanz lautet deshalb: Ingesamt hätte sich das Programm aber gelohnt, „weil wir viele nicht im Regen stehen gelassen haben“, so Direktor Hawel: Die Engländer zum Beispiel hätten sich zwar vier Programmjahre Zeit gelassen. Aber er sei ja nicht zuständig für die Politik, sondern nur dafür „ein Versprechen einzulösen. Und das haben wir gemacht.“

Katja Ubben