Fischer befürchtet Reformboykott durch die Ärzte

■ Gesundheitsministerin: Anstieg von Verschreibungen sei „nicht mit der Grippewelle“ zu erklären

Berlin (taz) – Gesundheitsministerin Andrea Fischer glaubt, daß die Ärzte aus Protest gegen die geplante Gesundheitsreform im vergangenen Quartal mehr Medikamente verschrieben haben als notwendig. Der Ausgabenanstieg von 15 Prozent sei jedenfalls „nicht allein mit der Grippewelle“ zu erklären, sagte die Ministerin vor der Bundespressekonferenz in Bonn. Sie kündigte an, daß Ärzte, die sich nicht an das Arzneimittelbudget hielten, Regreßzahlungen leisten müssen.

Als oberstes Ziel des Gesetzentwurfes, den sie gestern vorlegte, bezeichnete die Ministerin stabile Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung. Sie will die Ausgaben im Gesundheitswesen durch ein Globalbudget begrenzen. Dieses soll jährlich nicht mehr steigen als der Durchschnitt der Einkommen in Deutschland. Durch die Reform soll auch die Rolle der Hausärzte gestärkt werden. Dadurch will die Ministerin unnötige spezialärztliche Behandlungen vermeiden. Besonderen Wert legt sie darauf, daß die Vorsorge im zahnärztlichen Bereich verstärkt und die Beratung der Patienten verbessert wird.

Kernpunkt der Reform ist die Neuregelung der Krankenhausfinanzierung. Zur Zeit tragen die Kassen nur die Kosten für den laufenden Betrieb. Schrittweise sollen sie nun auch für Investitionen, Neu- und Umbauten zuständig werden. Der Gesetzentwurf soll am 23. Juni vom Kabinett verabschiedet und anschließend dem Bundestag zugeleitet werden. Fischer sagte, sie werde nun mit den Vertretern der unionsregierten Länder über die Reform sprechen. Die SPD-Ministerpräsidenten haben bereits Zustimmung signalisiert. Da SPD und Grüne in der Länderkammer keine Mehrheit haben, sieht die Ministerin „viele Hürden“ vor sich.

Unterdessen haben die Vertreter von Ärzte- und Krankenhausverbänden ihre Proteste fortgesetzt. Der Hartmannbund drohte mit einem Ärztestreik. Andrea Fischer bezeichnete die Proteste als „Panikmache“. Die Reform werde auf keinen Fall zu Massenentlassungen im Gesundheitsbereich führen. Allenfalls müßten Pflegekräfte damit rechnen, „daß ihre Arbeitsplätze vom stationären auf den ambulanten Bereich verlagert werden“. Tina Stadlmayer

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