Neue Regeln beim Grand Prix Eurovision

Heute abend findet in Jerusalem der 44. Eurovision Song Contest (wie der Popwettstreit außerhalb Deutschlands genannt wird) statt. Ob gegen Mitternacht mit der Siegerin oder dem Sieger eine ähnliche Karriere begründet wird, wie es 1967 Udo Jürgens, 1972 Vicky Leandros, 1974 Abba, 1982 Nicole und 1988 Céline Dion schafften, bleibt natürlich offen.

Die meisten Regeln sind wie schon seit 1956 unverändert: SängerInnen oder Gruppen vertreten ein Land, eine Jury verteilt während des zweiten Teils ihre Punkte. Dieses Jahr allerdings sind alle Teilnehmerländer gezwungen, per Telefon das Zuschauervolk abstimmen zu lassen, Expertenjurys sind nicht mehr erlaubt (die TED-Nummern werden erst während der Sendung bekanntgegeben). Damit soll der kommerziellste Titel vorne liegen – nicht mehr der, der an den Hitwünschen des Publikums vorbeigeht.

Neu ist, daß es kein Orchester mehr gibt. Um die Kosten zu senken – das irische Fernsehen RTE leidet noch heute unter den Kosten der dreimaligen Ausrichtung in Folge –, wird im Halbplayback gesungen: Die Instrumentals kommen vom Band, gesungen wird live. Auch wurde die Bestimmung abgeschafft, daß die Länder in ihren Heimatsprachen singen lassen müssen.

Einerseits wollten Länder wie Island, Norwegen und Belgien (flämisch!) nicht mehr beim MTV-gewöhnten Volk sprachlich exotisch auffallen. Andererseits bestand der NDR auf dieser Regeländerung (die darauf hinausläuft, daß in Jerusalemelf der 23 Länder in Englisch singen werden: Deutsch, beispielsweise, gilt als international schwer verdaulich.

Eine weitere Änderung hebt den UNO-ähnlichen Charakter des Grand Prix Eurovision (kleine Länder dürfen über die großen bestimmen) auf: Seit Öffnung des Wettbewerbs für alle osteuropäischen TV-Anstalten wollen mehr Länder teilnehmen, als in drei Stunden Sendezeit passen. So müssen die sieben schlechtplaziertesten Länder der letzten vier Jahre eine Saison pausieren, heuer sind dies Finnland, die Schweiz, die Slowakei, Rumänien, Makedonien, Griechenland und Ungarn (Italien, Luxemburg, Rußland und Monaco haben sich aus dem Contest-Geschehen zurückgezogen). Die meisten Länder singen also immer gegen den Abstieg an.

Vier Länder sind freilich von dieser Regel ausgenommen, sie können so grauslich entertainen, wie sie wollen: Spanien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland – sie repräsentieren ein so großes Zuschauerpotential, mit dem es sich die Eurovision schon finanziell nicht verderben will, daß sie jedes Jahr mitmachen sollen. Zur Disposition steht demnächst die Regel, daß das Siegerland den nächsten Contest ausrichtet. Kleine Ländern wie Malta, Estland oder Slowenien sollen zunächst darlegen, ob sie dieses TV-Ereignis überhaupt auszurichten imstande sind. JaF