„Pragmatisch, links und grün“

■ GAL-Umweltsenator Alexander Porschke im taz-Interview: Chancen für eine linke Politik bestehen nur innerhalb der grünen Partei

taz: Die Austrittswelle von frustrierten linken GALierInnen erreichT gerade ihren Höhepunkt. Der als „pragmatischer Linker“ geltende Alexander Porschke aber bleibt Grüner und Senator?

Alexander Porschke: Ja, natürlich, ich bleibe pragmatisch und links. Fortschritte und Verbesserungen sind im Moment über konkretes Regierungshandeln am besten zu erreichen. Ich halte es für einen Fehler, dieses Einwirkungsinstrument aus der Hand zu geben.

Das hört sich wirklich sehr pragmatisch und realpolitisch an. Wird man so, wenn man Senator ist?

Ich glaube, ich habe auch früher als oppositioneller Bürgerschaftsabgeordneter die Realitäten nie aus den Augen verloren. Der rot-grüne Koalitionsvertrag ist trotz vielem, was wir uns anders gewünscht hätten, besser als alles, was man ohne diese Koalition erwarten könnte. Ihn umzusetzen ist wichtig; sich davon zu verabschieden, würde vieles in dieser Stadt schlechter machen: in der Umweltpolitik, in der Sozialpolitik, in der Arbeits- und Wirtschaftspolitik, in allen Bereichen. Natürlich gibt es immer wieder mal Zielkonflikte ...

Zum Beispiel das Mühlenberger Loch, das zwischen Umwelt- und Wirtschaftspolitik klafft.

Da kommt man nicht drumrum, den optimalen Weg zwischen sich widersprechenden Zielen zu suchen, die beide ihre Berechtigung haben, denn auch die GAL ist für Arbeitsplätze. Ich kann jedoch nachfühlen, wenn jemand sagt, ich kann mich dem nicht länger aussetzen und gehe aus Partei und Fraktion in die Opposition.

Sie haben offenbar viel Verständnis für die „Abtrünnigen“, die sich jetzt unter einem linken Regenbogen sammeln?

Ich stimme in vielen Einschätzungen und Sachfragen mit ihnen überein, in der Konsequenz aber nicht. Allein aus der Opposition heraus wird man zum Beispiel den Atomausstieg kaum vorantreiben können. Das geht am besten über eine grüne Partei, die nicht nur etwas bewegen will, sondern das auch formal kann. Da geht manches vielleicht nur langsam, aber es geht voran. Wünsche zu formulieren, ist leicht; reale Erfolge zu erzielen, ist besser.

Die Regenbogen-Gruppe versteht sich als Sammelbecken für eine neue Linke. Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Nach meiner Überzeugung sind die Grünen nach wie vor der Ort, an dem die Linke am meisten für ihre Ziele bewegen kann. Ich sehe nicht, daß es außerhalb der Grünen ein ausreichendes linkes Umfeld gibt. Die gesellschaftliche Situation hat sich völlig verändert. Wieviel Menschen gehen denn heute noch auf Anti-Atom-Demos? Das ist nicht nur eine quantitative Veränderung, sondern auch eine qualitative.

Und damit würde jeder linke Versuch außerhalb der GAL zum Kampf gegen Windmühlen?

Als Umweltsenator kämpfe ich natürlich für Windmühlen, nicht gegen sie.

Die Realos in der GAL haben Oberwasser, munkeln von einer Orientierung zur politischen Mitte und sind wohlorganisiert. Auf dem linken Flügel ist, erst recht nach dem Absprung vieler prominenter Linker, das Führungsdefizit eklatant. Beginnt jetzt die Suche nach einer Identifikationsfigur der Regierungslinken?

Die Linke in der GAL war noch nie straff organisiert, das war immer mehr ein Nebeneinander gleichberechtigter Personen. Wir müssen jetzt eine programmatische Neudefinition vornehmen, nicht so sehr nach einer Vordenkerin oder einem Vordenker suchen, obwohl es die sicher gäbe.

Zum Beispiel?

Parteichefin Kordula Leites und Fraktionsvorsitzende Antje Möller gehören natürlich zu denen, deren Wort Gewicht hat.

Und der Senator Porschke?

Der ist und bleibt ein aktiver Mitdenker.

Interview: Sven-Michael Veit