Alternative des Dagegenseins

■ Bloß keine Geschäfte. Rawkus ist das HipHop-Label des guten Lebensgefühls. Zur Rawkus/Soundbombing-Nacht kommen Protagonisten der DJ-Authentizität in die Arena

HipHop ist ein Spiel. Es gibt die Bösen – Puff Daddy, Master P –, und es gibt die Guten: das sind diejenigen, die glaubhaft vermitteln können, daß es ihnen um die Musik, um HipHop als Lebensgefühl geht. Rawkus ist das Label, das als Flaggschiff der Guten gilt und wie keine andere HipHop-Plattenfirma eine unerschütterlich scheinende Szene-Authentizität besitzt. Mit Acts wie Company Flow und Mos Def, mit stilprägenden Platten wie der Open-Mic-Compilation „Lyricist Lounge“ hat es der New Yorker Laden geschafft, die Begriffe „Underground“ und „Independent“ zu wichtigen Verkaufsattributen zu machen.

Rawkus gilt als Initialzündung der Gegenbewegung. Gegen den Ausverkauf, gegen Gangsta-Rap, Pussy- und Bitches-Reimereien, gegen Ferraris und Villen in Beverly Hills. Wer bei Amerikas größtem Independent-HipHop-Labels einen Vertrag bekommen will, muß glaubhaft machen, daß es ihm um Musik und nicht ums Geschäft geht. Hier gelten die klassischen HipHop-Tugenden noch was: MC-ing und DJ-ing. Zwei Plattenspieler, jede Menge Tricks auf Lager, am besten gute Freestyle-Rhymes in der Hinterhand – das gilt mehr als die Poserei und das Chefgehabe der ganz Großen im Geschäft, die statt zu scratchen lieber dicke Klunker in ihren Videos spazierenfahren.

Inzwischen allerdings ist Rawkus selbst schon wieder eine Riesenfirma. Unzählige weitere Independent-HipHop-Labels sind in der letzten Zeit nach dem großen Vorbild entstanden. Underground-HipHop boomt. Die sogenannten Turntableists machen untereinander auf DJ-Weltmeisterschaften aus, wer der Schnellste und Beste an den Plattenspielern ist, Sampling, Breaks und Cuts können nicht experimentell genug sein.

In Deutschland wird der Independent-Boom mit Interesse verfolgt. Eins, Zwo, die derzeit kräftig abräumen, sind bei einem Indie-Label, und überall wird versucht, die Grundidee von Rawkus – eigene Strukturen schaffen und Unabhängigkeit von den Majors – auch hierzulande umzusetzen. Mit der Soundbombing-Tour kommt somit das große Vorbild in das Entwicklungsland Deutschland. Vorneweg repräsentieren Company Flow und DJ Spinna. Erstere waren bereits zu Beginn der großen Aufbruchphase von Rawkus mit dabei. Kompromißloser HipHop mit leichtem Irren-Touch, versiert an den Turntables. DJ Spinna gilt als Wunderknabe, der gerade mit „Heavy Beats“ eine gefeierte Turntableist-Platte hingelegt hat. Größen wie Nightmares On Wax und 4 Hero betteln geradezu um Remixes von Spinna.

Außerdem werden von Rawkus The High & Mighty und Dhabaam Sahdeeq in die Arena geschickt. Diese kann man mit jeweils einem Track, genauso wie Spinna und Company Flow, auf der neuen Veröffentlichung „Soundbombing“ finden. Ein Mixtape – dieses Format gilt immer noch als reinster Ausdruck von Streetcredibility –, das die ganze Bandbreite des Rawkus-Kosmos featuren soll.

Noch einen weiteren Pluspunkt gibt es bei der Soundbombing-Nacht zu vermerken. Anders als die HipHop-Oberliga aus Übersee besteht hier kaum die Gefahr, daß das Konzert ausfällt. Ol'Dirty Bastard vom allmächtigen Wu Tang Clan hat sich für den 1. 6. in der Arena angekündigt. Es kann gewettet werden, ob er auch wirklich kommt. Andreas Hartmann

Sonntag in der Arena, Beginn um 21 Uhr