Kosovo-Vermittler immer ratloser

■  Rußlands Unterhändler Tschernomyrdin: „Wenn es so weitergeht, werden Gespräche sinnlos.“ Nato will mit Milosevic Gespräche, aber keine Verhandlungen. Jugoslawische Einheiten setzen SFOR-Soldaten fest

Belgrad (AP/rtr/taz) – „Wir reden jetzt seit über einem Monat, aber es gibt kein Ergebnis. Wenn es so weitergeht, werden Gespräche sinnlos.“ Mit dieser düsteren Prognose hat der russische Sonderbeauftragte Wiktor Tschernomyrdin gestern eine neue Vermittlungsreise in Belgrad begonnen. Tschernomyrdin, der zuvor mit dem EU-Beauftragten Martti Ahtisaari und dem US-Staatssekretär Strobe Talbott gesprochen hatte, wollte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP eine Nato-Truppenstationierung im Kosovo bei gleichzeitiger Präsenz serbischer Einheiten in der Provinz vorschlagen. Während die serbischen Einheiten ein Machtvakuum vermeiden sollten, würde die Nato demnach die Rückkehr der Flüchtlinge sicherstellen. Die Friedenstruppe sollte von einem neutralen Staat geführt werden.

Der Vorschlag scheint weder für Belgrad noch für die Nato annehmbar. Der Botschafter Jugoslawiens in Moskau und Präsidentenbruder Borislaw Miloevic sagte gestern, es gebe zwischen Rußland und Jugoslawien „Interessen, die nicht übereinstimmen“.

Tschernomyrdin verteidigte seine Entscheidung, trotz des Haftbefehls gegen den jugoslawischen Staatspräsidenten mit ihm direkt zu verhandeln: „Slobodan Miloevic ist der rechtmäßig gewählte Präsident Jugoslawiens.“ Auch der britische Außenminister Robin Cook und der italienische Ministerpräsident Massimo D'Alema sagten, man müsse mangels Alternative weiter mit Miloevic reden – die Nato brauche schließlich „Kommunikationskanäle nach Belgrad“, so Cook. Die Diplomaten der Nato-Länder bestehen jedoch darauf, daß es nur um „Gespräche“ gehen könne, nicht um „Verhandlungen“. Nato-Sprecher Jamie Shea betonte gestern erneut, eine politische Lösung solle nicht mit Miloevic „verhandelt“ werden, da dieser die von der Nato und der G-8-Gruppe formulierten Forderungen zu erfüllen habe. Auch US-Außenministerin Madeleine Albright schloß Verhandlungen aus: „Die Bedingungen sind klar. Sie können erklärt werden, aber eine Änderung kommt nicht in Frage.“

Jugoslawische Truppen sind nach Angaben der Bosnien-Schutztruppe SFOR am Mittwoch illegal nach Bosnien-Herzegowina eingedrungen und haben in der Nähe der Ortschaft Rudo eine SFOR-Patrouille in ihre Gewalt gebracht. Die Soldaten seien entwaffnet, nach Jugoslawien verschleppt, verhört und rund acht Stunden lang festgehalten worden. Danach wurden die Soldaten den Angaben zufolge wieder freigelassen. D.J.