James Bond des Drug 'n 'Roll

■ „Don't deal with the U.S.“ – Mister Nice alias Howard Marks liest über CIA, Haschischhandel, attraktive Frauen und andere Abenteuer

In den 80er Jahren war Marks der meistgesuchte Mann Großbritanniens und galt als weltweit größter und intelligentester Cannabisdealer. Auf dem Zenit seiner „Unternehmerkarriere“ schmuggelte er Lieferungen von bis zu fünfzig Tonnen rund um die Welt. Zwanzig Jahre lang führte der ehemalige Oxford-Stipendiat die CIA, die amerikanische Drogenpolizei „Drug Enforcement Agency“ (DEA) und zahlreiche andere mit 89 Telefonanschlüssen, 43 verschiedenen Identitäten (einer seiner Pässe lautete auf den Namen „Mr. Nice“) und 25 Tarnfirmen an der Nase herum. Mittlerweile reist Marks ganz unbehelligt durch die Welt, liest aus seinem Buch und erzählt, wie es sich als Gangster so gelebt hat – inklusive seines Aufenthalts in einem US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis.

Eingeladen hat den „James Bond des Haschischhandels“ die Galerie und Veranstaltungsgruppe „transition“ in der Kreuzberger Oranienstraße. In England ist Marks mittlerweile ein Popstar. Tausende besuchen seine Auftritte; die Mixturen bestehen aus Lesung, Plattenauflegen, Dias und Filme zeigen sowie jede Menge Joints rauchen. Der Stardealer mit dem walisischen Akzent verkörpert das ständige Austricksen des Systems, die Suche nach einer selbstverwalteten Welt, in der man für seinen Spaß eigenverantwortlich zeichnet. Seit Marks während seines Physikstudiums in Oxford beschloß, einer der größten Gangster dieses Jahrhunderts zu werden, um möglichst attraktive Frauen kennenzulernen sowie das beste Dope der Welt zu rauchen, lebt er Kino – realisiert die Träume Tausender westlicher Abenteurernaturen und jettet zwischen Hongkong, Jamaica, London und Mallorca hin und her. Er verschob dabei tonnenweise Marihuana von Asien nach Europa und Amerika, erdachte immer neue Methoden für Geldwäsche und Transport des Materials und geriet irgendwann in den Fokus des Beamten Craig Lovato von der US-amerikanischen DEA. Der vertrat das Credo, daß man jeden Kriminellen fassen könne, wenn man es nur wolle, und erklärte Mr. Nice zu seinem persönlichen Hauptfeind, weil er, wie Marks in seinem Buch schreibt, „herausfand, daß ich nicht nur Dope schmuggelte, sondern auch noch Spaß daran hatte. Aus irgendeinem mir unerklärlichen Grund machte ihn das völlig wahnsinnig. Seitdem hörte er nicht mehr auf, mich zu verfolgen und zu schikanieren. Die DEA war das einzige Problem in meinem Leben.“

1988 wurde Marks infolge der größten internationalen Polizeifahndungsaktion in der spanischen Geschichte verhaftet und in Ketten in die Vereinigten Staaten überführt „wie ein Sklave“. Es folgten sieben Jahre Knast in Terra Haute – auch „Terror Hut“ genannt – im US-Bundesstaat Indiana. Auch von diesen Erfahrungen schreibt Marks in „Mr. Nice“ und gibt den Ratschlag: „Don't deal with the U.S.“

Stoned sein ist in der Mr.-Nice-Welt allerdings kein besserer, sondern schlichtweg ein anderer Zustand. Daß dieser verboten sein soll, akzeptiert Marks heute weniger denn je: „Ich habe vier Kinder, die zwischen zehn und vierundzwanzig Jahre alt sind. Ich möchte nicht, daß sie Probleme mit Drogen bekommen. Man sollte Drogen legalisieren. Ich denke, daß dies der beste Weg ist, sie korrekt aufklären zu können.“ Norman Ohler

Howard Marks: „Mr. Nice“ ist erschienen bei Grow! Publishing Lesung am 31. Mai um 20 Uhr im SO 36, Oranienstr. 190