Belgische Eier gut geschmiert

■  Motorenöl im Futter soll für das Dioxin in belgischen Eiern verantwortlich sein. Bundeslandwirtschaftsminister Funke spricht von „kriminellen Machenschaften“ im Nachbarland. Dort war das schon seit März bekannt

Brüssel/Berlin (dpa/taz) – Erst der Rinderwahnsinn, dann die Schweinepest und jetzt auch noch Dioxin im Geflügel und in Eiern – die belgischen Verbraucher sind verunsichert, die Landwirte stehen vor einem finanziellen Desaster, und der Politik wird Versagen vorgeworfen. Die oppositionellen flämischen Liberalen forderten gestern den Rücktritt von Landwirtschaftsminister Karel Pinxten und Gesundheitsminister Marcel Colla und einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß nach den Wahlen am 13. Juni.

In aller Eile waren am Freitag belgisches Geflügel und Eier aus den Regalen der Supermärkte geräumt worden, nachdem in diesen Produkten Dioxin nachgewiesen worden war. Das Gesundheitsministerium verkündetet dennoch, es bestehe keine unmittelbare Gesundheitsgefahr. Das hochgiftige Dioxin ist über das Tierfutter ins Hühnerfleisch gekommen. Wie allerdings der auch als Seveso-Gift bekannte Stoff da hineinkam und ob dies vorsätzlich geschah, ist noch unklar. Die Behörden hatten festgestellt, daß in einigen Zuchtbetrieben Futtermittel mit erhöhtem Dioxingehalt durch verseuchtes Tierfett verwendet worden war. Vermutet wird eine Verunreinigung mit Motorenöl.

Fett wird dem Körnerfutter beigesetzt, damit die Tiere so schnell wie möglich zunehmen. Ein Batteriehühnchen wird so in sechs Wochen von 45 Gramm auf 2,5 Kilogramm gemästet. Vor allem in Flandern ist die Massentierhaltung ein wichtiger Erwerbszweig. Dort ist auch die Hormonmafia aktiv, die Wachstumshormone an Tierzüchter verkauft. Der Mord an einem Veterinärinspektor, der dem illegalen Handel auf die Spur kam, ist bis heute nicht restlos aufgeklärt.

Erste Anzeichen, daß etwas in den Geflügelfarmen nicht stimmte, gab es schon im Februar. In einigen Betrieben starben mehr Hühner als gewöhnlich, die Eierproduktion sank, und die Küken schlüpften später als sonst. Mitte März tauchte erstmals der Verdacht einer Dioxin-Verseuchung des Futters auf. Bis ein niederländisches Speziallabor bestätigte, daß sich das Dioxin im Geflügelfleisch und in den Eiern angesammelt hatte, vergingen weitere zwei Monate. Möglicherweise verseuchte Produkte gelangten wochenlang in den Handel.

„Das Landwirtschaftsministerium verschwieg die Sache, um den Sektor vor Schaden zu bewahren“, meint die Zeitung De Standaard. Doch dies komme als Bumerang zurück. Denn die wirtschaftlichen Folgen für die 3.000 Geflügelbetriebe und ihre 10.000 Beschäftigten sind noch nicht absehbar. Hunderttausende Hühnchen in den 350 Betrieben, die wegen Dioxinverdachts überwacht werden, müssen vernichtet werden.

Die deutsche Gesundheitsministerin Andrea Fischer kritisierte die Belgier. „Ich finde es überaus bedauerlich, daß die belgischen Behörden mich erst so spät über die Vorgänge informiert haben“, sagte Fischer. Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke sprach von „offensichtlich kriminellen Machenschaften“. Verbraucher können auf der Packung erkennen, ob die Eier aus Belgien kommen. Dann steht ein „B“ vor der Packstellennummer „PN“.