Nato verlangt konkrete Gesten aus Belgrad

■  Sprecher der Allianz beharren auch nach Tschernomyrdins Vermittlungsmission auf Fortsetzung der Luftangriffe. Milosevics neuerliche Befürwortung des G-8-Planes stößt in Brüssel auf wenig Enthusiasmus

Brüssel/Belgrad/Bonn (dpa/taz) – Die Nato bleibt im Kosovo-Krieg trotz neuer Kompromißsignale aus Belgrad unnachgiebig und baut ihr Militärpotential im Konfliktraum weiter aus. Trotz der vorsichtig optimistischen Äußerungen von Schröder und Frankreichs Staatspräsident Chirac beharrte Nato-Sprecher Jamie Shea auf den fünf Forderungen der Allianz, die Miloevic ohne Vorbehalte akzeptieren und umsetzen müsse. „Im Moment sehen wir noch nichts davon, und deshalb gehen die Luftangriffe weiter“, sagte der Nato-Sprecher am Sonntag.

Auch ein Pentagon-Sprecher sagte, solange es keine konkreten Gesten aus Belgrad gebe, würden die Angriffe fortgesetzt und intensiviert.

Nach dem Besuch des Moskauer Sonderbeauftragten Wiktor Tschernomyrdin hatte Miloevic am Freitag abend in Belgrad verlauten lassen, er akzeptiere die Grundprinzipien der Gruppe der sieben führenden Industriestaaten und Rußlands (G 8) für einen Frieden im Kosovo. Das ganze „Problem“ müsse innerhalb des UN-Sicherheitsrates gelöst werden. Belgrad werde sich einer entsprechenden UN-Resolution nicht widersetzen. Tschernomyrdins Vorschlag sah vor, daß zunächst die Nato-Luftangriffe unterbrochen werden und ein Teilabzug der jugoslawischen Truppen und serbischen Sonderpolizei aus dem Kosovo beginnen sollte. Danach sollten multinationale Truppen unter UN-Führung ins Kosovo einrükken, um die Rückkehr der Flüchtlinge abzusichern.

Truppen der Nato-Länder, die am Luftkrieg gegen Jugoslawien beteiligt sind, sollten nur in Makedonien und Albanien sowie in den Grenzgebieten des Kosovos stationiert werden. Im restlichen Kosovo sollten hingegen nur Truppen neutraler Länder, unter ihnen Rußlands und ehemaliger Sowjetrepubliken, eingesetzt werden. Ihre Hauptaufgabe sei es, die Rückkehr der Vertriebenen zu garantieren.

Bei einem Geheimtreffen in Bonn, das erst am Samstag bekannt wurde, haben die Verteidigungsminister der USA, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Deutschlands am vergangenen Donnerstag die Bedingungen einer Kosovo-Invasion erörtert. Sie hätten dabei jedoch keine Übereinstimmung in der Frage erzielt, ob ein Einsatz von Bodentruppen erforderlich werden könnte. Die Minister seien jedoch einer Meinung gewesen, „daß die Luftangriffe wirksam sind und durch zusätzliche Flugzeuge verstärkt werden sollten“.

Wegen anhaltender Kämpfe im Grenzgebiet drängt das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) die 100 000 Kosovo-Flüchtlinge in und um den Grenzort Kukäs, in Lager im Süden des Landes umzuziehen. Mehrere Flüchtlinge wurden nach Angaben des UNHCR in Nordalbanien von serbischen Heckenschützen getroffen. Die serbische Artillerie habe am Samstag mehrere Grenzdörfer beschossen und zwei von ihnen völlig zerstört, berichtete der Rundfunk in Tirana.