Sponsorenschau zum Expo-Countdown

■ In einem Jahr öffnet die Weltausstellung in Hannover ihre Tore. Es wird gebaut und Geld gesammelt, aber Tickets kauft kaum jemand

Hannover (taz) – Mit einem Spalier von nagelneuen dunklen Luxuskarossen präsentierten sich die Großsponsoren der Expo 2000 gestern vor der Halle 7 des hannoverschen Messegeländes. Drinnen im gefühlig blau abgedunkelten Saal redete der gerade ernannte Expo-Botschafter Hans-Dietrich Genscher von der großen Chance, daß sich auf der Weltausstellung „Kulturen und Völker begegnen und dabei nicht der Machtkampf im Mittelpunkt steht“. Ein Jahr vor dem Expo-Start am 1. 6. 2000 hat die Weltausstellungs-GmbH gestern ihre elf Expo-Botschafter präsentiert, die nun ein Jahr lang die Werbetrommel rühren sollen, und zu denen auch die blaue WDR-Maus, eine Inlineskate-Weltmeister, der Schauspieler Mario Adorf, die hannoverschen Altrocker Scorpions, Franz Bekkenbauer und Uschi Glas gehören.

Rund um die „Expo meets the Press“ genannte Show durften sich auch die hauseigene Bank oder der sponsernde Getränkedosenmulti verkaufsfördernd in Szene setzten. Reklame hat allerdings bisher vor allem die Weltausstellungsgesellschaft selbst nötig. Auch wenn die Expo GmbH nach eigenen Angaben bisher bereits 800.000 Eintrittskarten an große Firmen oder Reiseveranstalter hat verkaufen können, haben von den immer noch erwarteten 40 Millionen Besuchern weiterhin noch keine 10.000 ein Ticket für satte 69 Mark in der Tasche. Die geplanten 1,6 Milliarden Einnahmen aus dem Kartenverkauf stehen weiter in den Sternen.

Auf dem zentralen Expo-Platz am östlichen Rand des Messegeländes, auf dem im nächsten Jahr 100 von insgesamt 160 Hektar Weltausstellung zu sehen sein werden, wird neun Jahre nach der Entscheidung für Hannover jetzt immerhin gebaut.

Der Deutsche Pavillon, in dem sich Bund und Länder mit Rundum-Kino und einer Multi-Media-Show präsentieren wollen, hat im Süden dieser Expo-Plaza bereits vor vierzehn Tagen Richtfest feiern können. Allerdings steht das Dach des deutschen Ausstellungsbeitrages noch in luftiger Höhe provisorisch auf Stahlträgern. Die Statiker sind sich noch nicht sicher, ob die ganz aus Glas geplante Pavillonfassade das Dach auch tragen kann. Mit 191 offiziellen Teilnehmern, 175 Staaten und 16 internationalen Organisation hat die Expo 2000 schon jetzt alle anderen Weltausstellungen in den Schatten gestellt. Von den geplanten 55 Nationenpavillons – die übrigen Länder präsentieren sich in Messehallen – sind allerdings erst zwei in Bau, von weiteren 40 existieren Entwürfe.

Bei Sponsoren hat die Expo GmbH, die bis jetzt ein Defizit von 400 Millionen fest einplant, nach eigenen Angaben ihr Plansoll fast erfüllt. Die Großsponsoren, die sogenannten Welt- und Produktpartner, haben Verträge über 600 Millionen Mark bereits abgeschlossen, 660 Millionen sind das Ziel.

Kaum ein Umweltverband wird an der Ausstellung teilnehmen. Dafür hat die Expo GmbH die Ausstellung unter dem Motto „Mensch, Natur, Technik“ weitgehend zur Industrieschau umgewidmet. In den fünf Messehallen des Expo-Themenparks wird etwa der Verband der Chemischen Industrie eine 22 Millionen Mark teure Multimedia-Reise installieren. „Leben ist Chemie“ lautet deren Slogan.

Jürgen Voges