■ Nebenkriegsschauplätze
: Warum Marco Milosevic nicht Ire werden durfte

Nachdem die taz bis gestern in einer 39teiligen Serie Krisenregionen der ganzen Welt abseits des Balkans beleuchtet hat, beginnen wir heute mit einer neuen Reihe, die Geschichten des Kosovo-Krieges aus aller Welt, fern der rein nachrichtlichen Berichterstattung erzählt. Geschichten aus Kenia und aus Ägypten, aus Israel über Palästinenser, die sehr sehnsüchtig kosovarische Flüchtlingsfrauen erwarten, Berichte aus Mainz über Architekturbüros, die sogenannte Friedenserinnerungszelte konstruieren, die in den Krisenregionen der Welt abgeworfen werden sollen, und aus Tirana über Schönheitsköniginnen auf der Flucht. Zum Auftakt der neuen Serie „Nebenkriegsschauplätze“ berichtet Ralf Sotscheck aus Dublin über Miloevic' Sohn Marco, der vor einiger Zeit nach Irland zog, um dort billige Handys und „extreme politische Traktate“ seiner Mutter Mirjana zu verkaufen. Beides wollte niemand haben, und Marko beendete sein Inselengagement.

Fast wäre er Ire geworden: Slobodan Miloevic' Sohn Marko hat im November 1994 ein Unternehmen in Dublin angemeldet: M and G Enterprises, das im Bereich Finanzdienste arbeitet. Marko Miloevic, der Direktor der Firma, hatte sich auf der Basis eines umstrittenen Gesetzes, wonach ausländische Investoren einen irischen Paß beantragen können, um die irische Staatsbürgerschaft bemüht, war aber abgewiesen worden.

Das Paßgesetz hat Irland den Spitznamen „Cayman-Insel des Nordatlantiks“ eingebracht. Undurchsichtige Geschäftsleute aus dem Ausland sollen das Investmentprogramm zur Geldwäsche mißbraucht haben. Das EU-Betrugsdezernat hat in einer ganzen Reihe von Fällen ermittelt. Erst Anfang dieses Jahres wurden die Regeln verschärft. Nun müssen ausländische Firmengründer 20.000 Pfund hinterlegen und mindestens einen irischen Direktor bestellen.

M and G Enterprises hat jedoch nur ein eingetragenes Firmenvermögen von zwei irischen Pfund vorzuweisen. Dafür residiert die Firma aber an einer erstklassigen Adresse: Heritage House, ein georgianisches Gebäude direkt am Stephen's Green, jenem von der Guinness-Brauerei gestifteten Park im Zentrum Dublins.

Sehr erfolgreich war das Unternehmen offenbar nicht. Aus dem Geschäft mit billigen Handys für die serbische Mobiltelefonfirma „Mobtel“ wurde nichts, und die Zusammenarbeit mit Slobodan Miloevic' Frau Mirjana war auch nicht sehr einträglich. Laut „Sunday Tribune“ hatte Mirjana Miloevic ein „extremes politisches Traktat“ geschrieben und ließ es ins Englische übersetzen. M and G druckte 10.000 Exemplare, doch verkauft wurde davon kein einziges. So steht das Büro im Heritage House über den Räumen der Irish American Partnership seit Monaten leer, das Unternehmen soll demnächst aus dem Firmenregister gestrichen werden.

Ralf Sotscheck, Dublin