Keine Demo gegen Rechts

Gericht erlaubt rechtsextreme Kundgebung gegen die Wehrmachtsausstellung. Linkes Bündnis darf nicht dagegen demonstrieren  ■ Von Judith Weber

Gut 2000 Rechtsextreme dürfen sich morgen dort versammeln, wo die Nazis tausende Jüdinnen und Juden zusammentrieben, um sie in Konzentrationslager zu bringen. Das Hamburger Verwaltungsgericht hat eine Kundgebung des „Nationaldemokratischen Hochschulbunds“ auf der Moorweide genehmigt. Damit haben die Richter ein von der Innenbehörde verhängtes Verbot aufgehoben – allerdings nur teilweise. Untersagt bleibt den Rechten ihr geplanter Marsch durch die Innenstadt. Auch hier wollten sie gegen die derzeit laufende Wehrmachtsausstellung protestieren.

Eine Demonstration gegen die Rechtsextremen möchten die Richter ebenfalls nicht auf Hamburgs Straßen sehen. Der Protestzug des „Bündnisses gegen Rassismus und Faschismus“ bleibt verboten, weil sie „eine unfriedlichen Verlauf zu nehmen droht“, heißt es in der Urteilsbegründung. Darauf deute schon das Motto „Den Nazi-Aufmarsch verhindern“ hin. Plakate, auf denen eine Frau eine Baseball-keule schwingt, verstärkten diesen Eindruck. Das Bündnis habe kein „ausdrückliches Bekenntnis zum Gewaltverzicht“ abgelegt.

Wer morgen gegen die Rechtsextremen auf die Straße gehen will, dem bleiben der Platz am Grindel und der Platz der jüdischen Deportierten. An beiden Orten genehmigte das Gericht Kundgebungen der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), die die Innenbehörde untersagt hatte. Auf dem Carlebach-Platz beginnt um 9.30 Uhr eine Kulturveranstaltung; auf den Platz der Deportierten haben ZeitzeugInnen und Mitglieder von Verfolgtenorganisationen eingeladen.

Glücklich ist keiner der Beteiligten mit den Entscheidungen des Gerichts; Rechtsextreme wie Gegendemonstranten wollen in die nächste Instanz gehen. „Wir begrüßen es zwar, daß die Nazi-Demo nicht in der angemeldeten Form stattfinden darf“, sagte Wolfram Siede vom Bündnis gegen Rassismus und Faschismus. „Dennoch werden wir vor dem Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegen“. Sollten die Richter das Verbot der Gegendemo bestätigen, „werden wir die Veranstaltung auf dem Carlebach-Platz stärker nutzen“, so Bündnis-Sprecher Andreas Grünwald. Zudem sei mit „Aktionen des zivilen Ungehorsams“ zu rechnen.

Die Rechtsextremen ihrerseits wollen sich nicht mit einer Kundgebung zufriedengeben. Man sei optimistisch, daß in der nächsten Instanz „das Marschverbot gekippt werden kann“, teilte das „Nationale und Soziale Aktionsbündnis Norddeutschland“ mit. Dessen Vorsitzender Thomas Wulff war bis vor einigen Jahren Chef der verbotenen Hamburger „Nationalen Liste“. Im „Aktionsbündnis“ engagiert er sich zusammen mit dem Neonazi Christian Worch.

Und noch eine dritte Beschwerde wird dem Oberverwaltungsgericht zugehen: die der Hamburger Polizei. Die gestrige Entscheidung bringe die Beamten in eine „extrem schwierige Situation“, sagte Polizeipräsident Justus Woydt. Schließlich liegen die drei Kundgebungsorte nur wenige hundert Meter auseinander. 4500 BeamtInnen werden vor Ort sein; trotzdem kann eine „störungsfreie Anfahrt“ der Rechtsextremen mit schätzungsweise 30 bis 40 Bussen „nicht garantiert werden“, fürchtet Einsatzleiter Wolfgang Sielaff.

Die endgültige Entscheidung darüber, wer wann und wo demonstrieren darf, wird voraussichtlich heute fallen. Dann entscheidet das Oberverwaltungsgericht über die Beschwerden.