Kommentar
: Weiter so

■ An der FU bleibt alles beim alten

Manchmal ist der Wechsel ein Wert an sich. Ganz gleich, was man von der rot-grünen Bundesregierung halten mag – 16 Jahre Kohl waren einfach genug.

Nicht anders ist es an der FU. Im zurückliegenden Jahrzehnt war die Hochschule in der Defensive. Sie war froh, angesichts der neuen politischen Geographie Berlins ihre bloße Existenz zu retten. Doch angesichts der Bedrohung von außen rückten die hochschulpolitisch organisierten Professoren so eng zusammen, daß es zu stinken begann. Der frische Wind eines Wechsels hätte deshalb auch in Dahlem nicht schaden können. Um sich in der Berlin-Brandenburgischen Hochschullandschaft zu behaupten, muß die FU in Kooperation mit der benachbarten Potsdamer Universität den beiden Akademikerschmieden in der Innenstadt Paroli bieten. Das geht nur, wenn sie ihre Trümpfe ausspielt: ihren abgeschiedenen Campus im Grünen; ihre politische Tradition; ihre enge Verbindung zu Amerika.

Doch der Ausgang der Präsidentenwahl zeigt: All das ist den FU-Funktionären in ihrer Mehrzahl vollkommen gleichgültig. In langjährigen Strukturdebatten verbraucht, sehen sie vor lauter Bäumen keinen Wald mehr. Trotz der Sonntagsreden, den Personalabbau für einen Neuanfang zu nutzen, ist ein wirklicher Aufbruch bislang ausgeblieben.

Das Problem ist nicht der neue Präsident Peter Gaehtgens. Das Problem sind die Kräfte, die ihn ins Amt trugen – und nach alter akademischer Sitte ihren Tribut dafür fordern werden. Präsidialamtschef Peter Lange, der starke Mann in der FU-Verwaltung, predigt den Studenten gerne „erwachsenes“ Verhalten. Doch unreif und verantwortungslos verhalten sich gerade jene Seilschaften, die für ihre lächerlichen Pfründen die Zukunft der Hochschule aufs Spiel setzen – und die ihrer Studenten gleich dazu.

Aber die Zeiten ändern sich. Die Universitäten werden lernen müssen, daß Autonomie auch Verantwortung bedeutet. Gaehtgens konnte sich, mit seinen Wahlmännern im Rücken, dem offenen Wettstreit noch verweigern. Die FU wird sich dem Wettbewerb nicht entziehen können.

Ralph Bollmann

Bericht Seite 21