Traumsieg für Südafrikas ANC

Bei hoher Wahlbeteiligung steuert Mandelas Partei die Zweidrittelmehrheit an. „Demokratische Partei“ an zweiter Stelle    ■ Aus Johannesburg Kordula Doerfler

Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC) hat bei den zweiten demokratischen Wahlen in Südafrika sein Traumziel erreicht: „eine überwältigende Mehrheit“ und eine sehr hohe Wahlbeteiligung. Dies hatte der künftige Präsident Tbabo Mbeki im Wahlkampf stets als Wunsch formuliert. Am frühen Nachmittag war gestern die Zweidrittelmehrheit in greifbarer Nähe.

Nach Auszählung von knapp 70 Prozent der Stimmen lag der ANC landesweit bei 65,4 Prozent, und die noch nicht ausgezählten Stimmen kamen vor allem aus ANC-Hochburgen.

Auf jeden Fall hat der ANC sein Ergebnis von vor fünf Jahren (62,6 Prozent) übertroffen. Auch bei der Wahl der Provinzparlamente konnte der ANC in sieben von neun Provinzen absolute Mehrheiten einfahren, in den nördlichen Landesteilen gar über 80 Prozent.

Am frühen Nachmittag knallten dann auch schon die Sektkorken in einem Kongreßzentrum zwischen Pretoria und Johannesburg. Die ANC-Spitze, Delegationen der Kommunistischen Partei und dem Gewerkschaftsverband feierten. Wahlsieger Thabo Mbeki erklärte, das Ergebnis sei ein „klares Mandat“ für den ANC, mit seiner Politik der Verbesserung der Lebensbedingungen der Schwarzen fortzufahren.

Doch es gibt noch einen zweiten, kleineren Wahlsieger: die liberale Demokratische Partei (DP) unter ihrem bissigen und wortgewandten Vorsitzenden Tony Leon. Ihm gelang das Kunststück, von 1,8 Prozent 1994 auf 10,3 Prozent der Stimmen hochzuschnellen. Mit einem aggressiven Wahlkampf hat es Leon geschafft, die DP zur zweitstärksten Partei in Südafrika zu machen.

Weit abgeschlagen sind indessen die, die das Land jahrzehntelang regiert hatten. Die Neue Nationale Partei (NNP), Nachfolgerin der Apartheid-Regierungspartei NP, lag am frühen Nachmittag bei 7,5 Prozent und damit nur noch auf Platz vier. 1994, als ihr Vorsitzender noch Frederik Willem de Klerk hieß, hatte sie es immerhin noch auf 20, 4 Prozent gebracht. Sein Nachfolger, der blasse Marthinus van Schalkwyk, hat es nicht verstanden, die von der Regierungspolitik enttäuschten Weißen an sich zu binden.

Ihre Hochburg hat die NNP in der Provinz Western Cape rund um Kapstadt, die sie auch in den vergangenen fünf Jahren als einzige Provinz regiert hat. Dort sind es vor allem die sogenannten Mischlinge, die für sie stimmten. Am frühen Nachmittag zeichnete sich in der Provinz ein knapper Wahlsieg für die NNP ab.

Landesweit auf Platz drei landete die Inkatha-Freiheitspartei (IFP) von Innenminister Mangosuthu Buthelezi mit 8,3 Prozent. Das ist weit mehr, als ihr die letzten Meinungsumfragen vorhergesagt hatten. Sie ist allerdings nur noch in der Provinz KwaZulu/Natal stark. Bis zum Nachmittag war noch unklar, ob sie dort auf Provinzebene erneut zur stärksten Partei werden oder vom ANC überholt werden würde. Sowohl im Western Cape als auch in der Zulu-Provinz müssen Koalitionsregierungen gebildet werden.

Die extreme weiße Rechte hingegen, die noch vor fünf Jahren das Land mit Bombenanschlägen terrorisiert hatte, ist vollkommen in der Versenkung verschwunden. Selbst die gemäßigte „Freiheitsfront“ von General Constand Viljoen, die noch immer von einem weißen „Volksstaat“ träumt, kam nur noch auf weniger als ein Prozent der Stimmen.

Insgesamt sind die Wahlen friedlich und reibungslos verlaufen. Zwar hatten sich am Mittwoch schon in den frühen Morgenstunden oft lange Schlangen vor den Wahllokalen gebildet, und einige Wahllokale mußten bis weit nach Mitternacht geöffnet bleiben. Zu gewaltsamen Zischenfällen aber kam es nicht, und die Wahlen waren auch weitaus besser organisiert als vor fünf Jahren. Bereits kurz nach Schließung der Wahllokale liefen die ersten Ergebnisse ein, und die Auszählung verlief bis gestern nachmittag ohne größere Pannen.