Kommentar
: Frieden – vielleicht

■ Die Einigung zwischen Nato und Belgrad läßt Fragen offen

Mit dem Ja aus Belgrad zum von EU-Vermittler Martti Ahtisaari und Rußlands Sondergesandten Wiktor Tschernomyrdin vorgelegten Kosovo-Plan sehen manche schon die Friedenstauben über Jugoslawien aufsteigen. Bedenkt man, daß Jugoslawien anfangs nur eine leichtbewaffnete UNO-Truppe ins Land lassen wollte und unlängst noch die Präsenz von Soldaten der an den Luftangriffen beteiligten Nato-Staaten kategorisch ablehnte, ist die Zustimmung zu einer Friedenstruppe mit starker Beteiligung von Kontingenten der Allianz zweifellos ein bedeutender Schritt.

Daß sich die Euphorie ob des erzielten Verhandlungserfolges bei den Verantwortlichen der Nato dennoch in Grenzen hält, ist verständlich. Denn die Zusammensetzung der Truppe ist eine, deren Oberkommando jedoch eine andere Sache. Und genau an dieser Frage scheiden sich immer noch die Geister. Bereits die Prinzipien der G 8 hatten in dieser Frage reichlich Platz für Interpretationen gelassen. Auch in dem jetzigen Friedensplan finden sich wieder nur verschwiemelte Formulierungen.

Und das wohl aus gutem Grund. Denn eine Friedenstruppe unter Nato-Kommando gehört zu den fünf Kernforderungen des Bündnisses, die noch immer gelten. Rußland hingegen will gleichberechtigt in die militärischen Befehlsstrukturen eingebunden sein. Daß die Nato jetzt dazu bereit ist, darf bezweifelt werden.

Und so könnten die „militärisch-technischen Details“ doch noch zum Stolperstein werden und die Hoffnungen auf ein baldiges Ende des Krieges wieder einmal zunichte machen. Im Interesse der Nato wäre das wohl kaum. Denn klar ist, daß sich das Bündnis mittlerweile in eine Sackgasse hineingebombt hat. Ein Friedensschluß zum jetzigen Zeitpunkt würde einen möglichen Einsatz von Bodenkampftruppen im Kosovo obsolet machen, der das Bündnis unweigerlich vor eine innere Zerreißprobe mit unbestimmtem Ausgang gestellt hätte.

Auch Miloevic dürfte aus einem möglichen Frieden seinen Nutzen ziehen – mit freundlicher Unterstützung des Ultranationalisten eelj, dessen Ablehnung beweist, daß es rechts von Miloevic auch noch etwas gibt. So kann der Potentat hoffen, seine Macht doch noch in die Nachkriegsära hinüberzuretten. Und das trotz Anklage vor dem UNO-Tribunal in Den Haag. Barbara Oertel