Der Reformator der EU-Kommission

■ Der designierte Kommissionspräsident Prodi stellt Vorschläge zur Reform der EU-Verwaltung vor. Klarerer Zuschnitt der Ressorts

Brüssel (taz) – Häufig in den vergangenen Wochen sah sich der designierte Kommissionspräsident Romano Prodi mit der Frage konfrontiert, wie er die dringend nötige Reform der Brüsseler Verwaltung angehen will. Der Italiener lächelte, schwieg und kündigte ein geschlossenes Konzept in naher Zukunft an.

Auf dem Kölner EU-Gipfel, an dem Prodi als Gast teilnahm, war es soweit. Der künftige Chef der Kommission hat Vorschläge vorgelegt, die wirklich erste Reformschritte darstellen. In einer Vorbemerkung verwahrte sich Prodi gegen die Sorge, auch in Zukunft könnten die Ressorts nach den Interessen und Begehrlichkeiten der jeweiligen Länder zugeschnitten werden. „Jedes Portfolio in meiner Kommission wird mit wichtigen Kompetenzen verbunden sein“, schreibt Prodi in seinem Entwurf.

Er räumt jedoch ein, daß der Ressortzuschnitt noch nicht endgültig feststeht. Sicher ist aber, daß es zwei Vizepräsidenten geben wird. Einer soll die Strukturreform der Kommission weiter voranbringen. Der zweite soll für die Kontakte zum EU-Parlament zuständig sein. Mit dieser Entscheidung signalisiert Prodi, daß er die Forderung des Parlaments nach mehr Mitsprache beim Refomprozeß in Brüssel ernst nimmt.

Die Ressorts, die mit Außenbeziehungen zu tun haben, sollen künftig nicht mehr nach regionalen Gesichtspunkten, sondern ausschließlich nach sachlichen Erwägungen zugeschnitten sein.

In der jetzigen Kommission gleichen manche Ressorts Gemischtwarenläden. So kümmert sich der Grieche Christos Papoutsis um Energie, Euratom und Fremdenverkehr. Der als Handelskommissar bekannte Leon Brittan ist für Nordamerika, Australien, Neuseeland und Asien zuständig; Osteuropa und die Türkei sind dagegen im Ressort des Zuständigen für Außenpolitik, Hans van den Broek, untergebracht. Der südlichen Mittelmeerraum, der Nahe Osten, Teile von Asien und Lateinamerika fallen wiederum in die Zuständigkeit von Manuel Marin, sonst auch für Entwicklungspolitik verantwortlich. Diese Kompetenzüberschneidungen hatten in der Vergangenheit oft zu Reibungsverlusten und unklarer politischer Verantwortung geführt.

Künftig soll ein einziger Kommissar für Außenbeziehungen zuständig sein, drei weitere sollen sich um Handel, Osterweiterung und Entwicklung kümmern. Bis Mitte Juli will Prodi eine endgültige Liste der Kommissare vorlegen.

Bei den bisherigen Vorschlägen, so Prodi, vermisse er auch weibliche Kandidaten. In seinem Team sollen mehr als – wie bisher – fünf Frauen sein. Prodi betont aber, daß zunächst die Ressorts festgelegt werden sollen. Erst dann werden geeignete Kandidaten und Kandidatinnen gesucht. Keinesfalls werde es wie in der Vergangenheit dazu kommen, daß Ressorts speziell auf einen Kandidaten zugeschnitten werden.

In Zukunft soll jedenfalls ausgeschlossen sein, daß eine ganze Kommission wegen Verfehlungen eines einzelnen Kommissars zurücktreten muß. Das Beispiel Edith Cresson vor Augen, die letztlich das gesamte Santer-Kollegium mit in ihren Skandalstrudel riß, kündigt Prodi an: „Ich werde jedes Mitglied meines künftigen Teams darauf verpflichten zurückzutreten, wenn ich das für nötig halte.“ Selbstverständlich stehe es dem Parlament unabhängig davon frei, der Kommission als Ganzes das Mißtrauen auszusprechen.

Weil aber selbst optimale Kommissionsarbeit nach außen dargestellt sein will, plant Prodi, die Brüsseler Kommunikationsströme zu modernisieren. Ein einziger Sprecher soll künftig die Politik des ganzen Teams nach außen vertreten. Die Presseabteilungen der einzelnen Ressorts sollen zusammengefaßt werden. Ressorteitelkeiten, widersprüchliche Informationen und unklare Zuständigkeiten wie in der Vergangenheit sollen ein Ende haben.

Das alles, versprach Prodi gegenüber den Regierungschefs, soll erst der Anfang sein. Die gründliche Neuordnung des schwerfälligen und ineffektiven Brüsseler Apparats will er zum Schwerpunkt seiner Amtszeit machen. Eine Ankündigung, die in den Ohren manches Brüsseler Bürokraten wie eine Drohung klingen dürfte. Daniela Weingärtner

Ressorteitelkeiten, widersprüchliche Informationen und unklare Zuständigkeiten sollen ein Ende haben