Der Wiederaufbau ist teurer als der Krieg

Bisher hat der Krieg gegen Jugoslawien die Kriegsparteien 40 Milliarden Mark gekostet. Für den Wiederaufbau rechnet eine Studie der Bundeswehr mit Ausgaben bis zu 100 Milliarden Mark  ■   von Thorsten Denkler

Berlin (taz) - 40 Milliarden Mark. Soviel hat der 73tägige Krieg um das Kosovo bis heute alle kriegsführenden Parteien gekostet - alles inklusive. Laut einer Studie der Bundeswehr-Universität München gehen davon elf Milliarden Mark zu Lasten der 19 Nato-Staaten.

Teuer war der Krieg für die Nato-Länder im Vergleich zu ihrer Wirtschaftskraft nicht. Sie haben nur 0,038 Prozent ihres Brottosozialproduktes (BSP) ausgegeben. Zum Vergleich: Äthiopien und Bolivien geben in jedem Jahr sieben Prozent ihres BSP nur für Schuldentilgung aus. Nur vier Prozent der Gesamtkosten des Kosovo-Krieges würden nach der Studie für rein humanitäre Hilfen verwandt.

Über den Anteil Deutschlands an den Gesamtkosten läßt sich nur spekulieren. Eine frühere Studie der Bundeswehr-Uni spricht von insgesamt rund 800 Millionen Mark. Ein Sprecher der Hardthöhe dementierte gestern auf Anfrage diese Zahlen. Der einzige feststehende Betrag seien die im Bundeshaushalt 1999 angesetzten 441 Millionen Mark für den Bundeswehreinsatz etwa in Mazedonien. Dieser Betrag müsse vom Steuerzahler bezahlt werden. Alle anderen Zahlen seien unseriös. An derartigen Spekulation werde sich die Hardthöhe nicht beteiligen. Wieviele etwa von den 240 Harm-Rakten (Stückpreis 1,2 Millionen Mark), die von deutschen Tornados verschossen wurden, tatsächlich wiederbeschafft würden, sei „letzlich eine politische Frage“, sagte er. Davon hingen die tatsächlichen Kosten entscheidend ab.

Geklärt werden muß jetzt die Frage, was der Wiederaufbau Jugoslawiesn kosten wird. Sicher scheint nur, daß die Zerstörung der jugoslawischen Infrastruktur wesentlicher billiger war als der Wiederaufbau. Beim anstehenden G7-Gipfel in Köln wollen sich die beteiligten Staaten auf einen Stabilitätspakt für die Region einigen. Geholfen werden soll nicht nur Rest-Jugoslawien, sondern allen betroffenen Balkan-Staaten. Vor allem Mazedonien und Albanien, die Zehntausende von Flüchtlingen aufgenommen haben, sollen auf deisem Weg entschädigt werden.

Zahlen über den finanziellen Rahmen des „Marshall-II-Plan“ genannten Abkommens liegen noch nicht auf dem Tisch. In der Berliner Zeitung bezifferte der EU-Wirtschaftskommissar Yves Thibault de Silguy die Kosten für die Beseitigung der Kriegsfolgen auf rund 35 Milliarden Mark. Soviel Geld sei seit 1990 für den Aufbau Bosniens ausgegeben worden. „Nun werden wird mindestens denselben Betrag benötigen“, sagte er. Eine genaue Zahl wollte er aber nicht nennen. „Es bringt überhaupt nichts, schon jetzt die Milliarden auf den Tisch zu legen.“

Inzwischen hat der designierte Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi, zumindest die Beteiligung der EU an den Kosten zugesagt. Der EU-Haushalt werde dadurch voraussichtlich mit zehn bis zwölf Milliarden Mark belastet.

Die Münchner Bundeswehr-Uni sieht die Lage nicht ganz so optimistisch. Sie rechnet, daß bis 2008 rund 100 Milliarden Mark in den Wiederaufbau Jugoslawiens fließen werden. Dabei werde allein der nachhaltige volkswirtschaftliche Schaden durch die Zerstörung der wirtschaftlichen Infrastruktur von jetzt drei Milliarden Mark auf rund 32 Milliarden anwachsen. Darunter fallen auch die Einahmeausfälle Jugoslawiens durch eingefrorene Handelsbeziehungen und unmögliche Exporte. Die Ausgaben aller beteiligten Staaten für humanitäre Hilfe dürften nach der Münchner Studie von jetzt zwei auf 14 Miliarden Mark steigen.

Über die Verteilung der finanziellen Belastung beraten derzeit EU, Weltbank und der Internationale Währungsfonds. Bis spätestens Ende Juli wollen die beteiligten Organisationen zu einer Kosovo-Konferenz zusammenkommen. Um eine sinvolle Verwendung der Gelder für das Kosovo und die anderen Balkanstaaten zu garantieren, will die EU eine eigene Agentur gründen, die die Geldzuweisungen managen soll. Wirtschaftskommisar de Silguy sagt: „Managementprobleme wie in Bosnien dürfen sich im Kososvo nicht wiederholen.“ Dort hätten die internationalen Organisation nicht immer optimal zusammengearbeitet.