„Doppelstrategie von Bomben und Verhandeln war richtig“

■ Die Nato hat in allen Punkten recht behalten, meint der außenpolitische Sprecher der CD/CSU-Fraktion, Karl Lamers

taz: Bedeutet die Einigung, daß die Nato-Bombardierungen richtig gewesen sind?

Karl Lamers: Jedenfalls war die Doppelstrategie in Verbindung mit der Suche nach einer politischen Lösung richtig. Die Nato hat sich in allen wesentlichen Punkten durchgesetzt. Allerdings unterscheidet sich das Ergebnis vom Rambouillet-Vertrag insofern, als erstens die Stationierung der Schutztruppen aufgrund eines UN-Mandats erfolgt und zweitens die Russen daran beteiligt sind. Diese Veränderungen sind wesentliche Verbesserungen.

Wäre denn der serbische Präsident Milosevic auch ohne die Angriffe zum Einlenken bereit gewesen?

Die Debatte über die Frage, ob der Krieg überhaupt notwendig war, ist das Rechten über eine Vergangenheit, die nicht stattgefunden hat, und bekanntlich ist das sehr schwierig. Dennoch wird später die Frage nach der Unvermeidlichkeit dieses Krieges und nach den Fehlern, die gemacht worden sind, gestellt werden müssen.

Meinen Sie, daß die Nato künftig ähnliche Operationen unternehmen wird, um politische Ziele zu erreichen?

Ich bin ganz sicher, daß die Nato-Mitgliedsländer nur in alleräußersten Notfällen nochmals eine Operation wie im Kosovo unternehmen werden. Man darf nicht vergessen, daß der Erfolg an einem seidenen Faden hängt. Die neue Nato-Strategie wird mit Sicherheit im Lichte der Kosovo-Erfahrungen anders gelesen werden, als ihre Autoren es sich vorgestellt haben. Wir haben uns bisher alle zu sehr auf den militärischen Teil konzentriert und den politischen zu wenig berücksichtigt. Präventive Diplomatie und eine umfassende Stabilisierungsstrategie müssen im Vordergrund stehen.

Wessen Erfolg ist die Einigung?

Es ist ein europäisch-amerikanisch-russischer Erfolg. Die drei Akteure werden auch in Zukunft beim Friedensprozeß, der ja jetzt erst beginnt, die entscheidende Rolle spielen müssen. Es ist auch ein Erfolg Finnlands, das seine Zugehörigkeit zu Europa unter Beweis gestellt hat.

Glauben Sie, daß der Friedensplan tatsächlich umgesetzt werden kann?

Das Abkommen eröffnet die Chance, den Beginn eines Friedensprozesses einzuleiten. Die Implementierung des militärischen Teils ist Voraussetzung für alles weitere, aber damit ist es nicht getan. Entscheidend für den Frieden wird sein, ob er von allen Beteiligten getragen werden kann.

Was wird aus Milosevic?

Die Dauerhaftigkeit des Friedens wird von der Einkehr eines demokratischen Geistes in Serbien abhängen, und dafür müssen Milosevic und die ihn umgebenden Kräfte verschwinden. Es ist aber auch notwendig, daß die Serben die ihnen von den Siegern auferlegte Ordnung akzeptieren können. Versailles darf sich nicht wiederholen. Interview: Bettina Gaus