UNHCR plant die Rückführung der Flüchtlinge

Nach der Vereinbarung von Belgrad kommt die UNO wieder stärker ins Spiel. Hinsichtlich einer künftigen „internationalen zivilen Präsenz“ im Kosovo gibt es Überlegungen, einen Protektorator einzusetzen  ■   Aus Genf Andreas Zumach

Bei der Umsetzung des von Vermittlern Rußlands, der EU und der USA formulierten und von Belgrad am Donnerstag akzeptierten Zwölf-Punkte-Plans für dasKosovo soll die UNO wieder eine stärkere Rolle spielen als in den letzten Monaten des Krieges und der gescheiterten diplomatischen Bemühungen.

Als schwerste und umfangreichste Aufgabe dürfte sich in den nächsten Monaten die Rückführung und humanitäre Versorgung von einer Millionen Flüchtlingen aus dem Ausland sowie von 600.000 intern vertriebenen Menschen erweisen. Beim hierfür federführend zuständigen UNO-Flüchtlingshochkommisariat in Genf (UNHCR) sind bereits konkrete Planungen und Vorbereitungen angelaufen. Das UNHCR will so bald wie möglich in das Kosovo zurückkehren, um die Rückkehr der Vertriebenen vorzubereiten. Das Hilfswerk würde dann den Flüchtlingen im Kosovo Material für die notdürftige Reparatur ihrer im Krieg zerstörten Häuser zur Verfügung stellen.

Zunächst aber muß der UNO-Sicherheitsrat die Resolution verabschieden. Davon macht Belgrad offensichtlich aus Gründen der Gesichtswahrung den Beginn des Rückzugs seiner „Sicherheits“kräfte abhängig, der wiederum Voraussetzung für eine Einstellung der NATO-Luftangriffe ist. In der UNO-Resolution soll dann auch die im Detail bislang noch völlig ungeklärte Rolle definiert werden, die die UNO bei der im 12-Punkte-Plan vorgesehenen „internationalen zivilen Präsenz“ im Kosovo spielen soll.

Einen ersten Entwurf für die Resolution des Sicherheitsrates wollen die G-8-Außenminister in Bonn beraten, bei dem mit den USA, Rußland, Frankreich und Großbritannien vier der fünf ständigen, vetoberechtigten Ratsmitglieder vertreten sind. Gleich anschließend soll der Entwurf vom Politschen Direktor des Auswärtigen Amtes, Gunter Pleuger, in Peking der chinesischen Regierung vorgelegt werden. Im Falle einer schnellen Einigung wäre Montag der frühest denkbare Zeitpunkt für eine förmliche Verabschiedung durch den Sicherheitsrat in New York.

In der Resolution wird der geplanten internationalen Kosovo-Truppe (KFOR) aus 58.000 Soldaten der NATO, Rußlands und neutraler europäischer Staaten ein Mandat auf Basis von Kapitel 7 der UNO-Charta erteilt, das sie auch zu Erzwingungsmaßnahmen bei etwaigem Wiederstand durch serbische „Sicherheits“kräfte oder die kosovo-albanische Befreiungsarmee (UCK) berechtigt. Das militärische Kommando über die KFOR wird allerdings nicht von der UNO geführt, sondern gemeinsam von der NATO und Rußland nach im Detail noch auszuhandelnden Modalitäten.

Hinsichtlich der „internationalen zivilen Präsenz“ gibt es Überlegungen, daß der UNO-Sicherheitsrat einen Protektorator einsetzt. Er würde die geplante Übergangsverwaltung des Kosovo leiten und hätte die federführende Verantwortung für alle zivilen Aspekte der 12-Punkte-Vereinbarung.

Die genauen Befugnisse des UNO-Protektorators und ihre Abgrenzung zu den Kompetenzen der KFOR sind - auch vor dem Hintergrund der zum Teil problematischen Erfahrungen aus Bosnien-Herzegowina seit dem Dayton-Abkommen vom Dezember 1995 - allerdings noch in der Diskussion.

Vorrangige zivile Aufgabe im Kosovo nach Abzug aller serbischen „Sicherheits“kräfte ist die sichere Rückführung der Flüchtlinge und Vertriebenen an ihre Vorkriegswohnorte. Die UNO-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, und ihr Vertreter im albanischen Kukes, Daniel Endres, äußerten sich am Freitag allerdings äußerst skeptisch zu den Chancen für eine baldige Rückführung. Dagegen spreche das „große Ausmaß der Zerstörung“ im Kosovo, erklärte Endres.

Weitere Hindernisse seien der Lebensmittelmangel und die fehlende Elektrizität sowie die Verminung des Geländes durch die serbischen „Sicherheits“kräfte. Wenn die Menschen spontan zurückkehren wollten, werde man sie - trotz der Minengefahr - daran nicht hindern. „Letzendlich müssen die Menschen selbst entscheiden“, erklärte der Sprecher der Genfer UNHCR-Zentrale, Kris Janowski.