„Meine Tage sind gezählt“

■ Grüne Abgeordnete Ida Schillen denkt über Parteiaustritt nach. Basisgrün trifft sich

Die grüne Abgeordnete Ida Schillen denkt über einen Parteiaustritt nach. „Meine Tage bei den Grünen sind gezählt“, sagte sie gestern gegenüber der taz. „Ich bin auf der Suche nach einer politischen Alternative.“ Die PDS komme für sie aber keinesfalls in Frage. Schillen hofft vielmehr auf ein „gemeinsames linkes Projekt“ von ehemaligen Grünen, SPD- und auch PDS-Mitgliedern. Schillen hoffte gestern, daß sich noch weitere Grüne für einen Parteiaustritt entscheiden. Sie habe immer auf einen kollektiven Austritt gehofft, wenn dieser ausbleibe, werde sie diesen Schritt aber auch alleine machen.

Schillen, die in den letzten Wochen als entschiedene Kritikerin der Nato-Luftangriffe aufgetreten war, äußerte sich enttäuscht über den Verlauf des Treffens der Grünen Linken am Wochenende in Dortmund. Das geplante Bündnis sei „bundespolitisch auseinandergefallen“. Nach der Annahme eines Aufrufs, den Grünen wegen des Kosovo-Kriegs bei der Europa-Wahl die Stimme zu verweigern, hatten sich grüne Bundestagsabgeordnete und „Basisgrüne“ aus dem Bündnis verabschiedet. Schillen erklärte, nach dem Dortmunder Treffen sehe sie kein Potential mehr, um weiter bei den Grünen linke Politik zu machen. Dennoch hat sie für den 18. Juni zu einem Treffen von „Basisgrün“ in Berlin eingeladen. Eine Prognose über den Zulauf wollte sie gestern nicht abgeben. Das Dortmunder Treffen habe demobilisierend gewirkt. „Die Leute ziehen sich zurück. Da ist eine große Chance vertan worden.“

Enttäuscht über das Dortmunder Treffen zeigte sich auch der Grüne Phil Hill aus Prenzlauer Berg: „Die Luft ist spürbar raus.“ Die Verabschiedung der Resolution „Keine Stimme den Kriegsparteien“ bedeute die „Auflösungserklärung“ des linken Bündnisses auf Bundesebene. Dortmund habe aber auch gezeigt, daß die Grünen als Partei nicht tot seien. Die Partei sei ein tief verwurzelter Bezugspunkt für die Linke. Eine Abwanderung zur PDS komme für viele überhaupt nicht in Frage. Hill zufolge gibt es einen Bedarf nach einem Treffen der Linken auf Berliner Ebene. Es sei aber noch unklar, wer das in die Hand nehme. Schillen ist auch innerhalb der Linken nicht unumstritten.

Der Berliner Europaabgeordnete Frieder Otto Wolf erklärte, viele seien ernüchtert von dem Treffen in Dortmund zurückgekommen. „Das war das Ende der Initiative.“ Dorothee Winden